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Max Beckmanns „Selbstbildnis gelb-rosa“ von 1943.

© dpa / dpa/Andreas Gehrke

Rekord bei Grisebach-Auktion: 20 Millionen Euro für Beckmann-Gemälde

Das Meisterwerk des Expressionismus ging bei Grisebach in Berlin an einen Schweizer Sammler - für die höchste Summe, die je bei einer Auktion in Deutschland gezahlt wurde.

Das „Selbstbildnis gelb-rosa“ von Max Beckmann wurde beim Berliner Auktionshaus Grisebach für 20 Millionen Euro versteigert, für die höchste Summe, die je bei einer deutschen Kunstauktion gezahlt wurde.

Der Schätzpreis für das expressionistische Werk aus dem Jahr 1943 hatte bei 20 bis 30 Millionen Euro gelegen, mit Aufgeld wechselte das Bild jetzt für 23,3 Millionen Euro den Besitzer. Auch wenn die Auktionssumme unter dem Höchstschätzpreis liegt, hat das Gemälde den in den letzten Tagen erwarteten deutschen Rekordpreis erzielt.

Der Bieter saß ganz vorne im Saal in der Fasanenstraße und stieg erst bei Los Nummer 19 ein. Das dauerte, weil schon zuvor mehrere Bilder etwa von Edouard Gaertner oder Georg Kinzer das teils Dreifache ihres Schätzwertes erreicht hatten. Für gewöhnlich wäre das im Auktionssaal bei Grisebach ein Fall für heftigen Applaus. Aber alle warteten auf das Selbstbildnis von Beckmann, das Auktionator Markus Krause als „überragendes“ Werk ankündigte - und als eines der letzten Selbstporträts des Künstlers, die überhaupt noch zu erwerben seien.

Ein überragendes Werk.

Grisebach-Auktionator Markus Krause

Andere Bildnisse Beckmanns hängen in den Museen von New York, München oder Berlin. Dieses hier war ein Geschenk an Beckmanns Ehefrau Quappi, die es bis zu ihrem Tod 1986 behielt. Anschließend gelang es in Privatbesitz, bis zuletzt – was es erst recht wertvoll macht.

Ganz still wurde es in dem Moment, als Krause mit 13 Millionen Euro begann, im Auftrag eines anonymen Kunden. Bis 17 Millionen reichten die Gebote, die bereits abgegeben worden waren. Dann stieg ein Mann im Saal mit 18 Millionen ein, ein zweites Gebot konterte mit 18.5 Millionen. Als 19 Millionen aufgerufen wurden, stieg noch einmal ein telefonischer Bieter über eine der Grisebach-Mitarbeiterinnen ein und rundete um 500.000 Euro auf. Bei 20 Millionen gab allerdings auch er auf. Beckmanns Bild ging schließlich an eine Schweizer Privatsammlung - die sich durch einen im Saal sitzenden Mitarbeiter des Auktionshauses vertreten ließ. Bereits zuvor hatte das Werk einer Schweizer Sammlung gehört.

„Seit 1945 wurde auf dem deutschen Auktionsmarkt kein vergleichbares Werk angeboten“, sagte Micaela Kapitzky, Direktorin und Partnerin des Auktionshauses, im Vorfeld der Auktion zur Qualität von Beckmanns Porträt. Privatsammler, Museen und Institutionen aus der ganzen Welt hatten Interesse am Kauf des Gemäldes bekundet. Was auch daran liegt, das von Beckmanns 35 Selbstporträts in Öl lediglich vier oder fünf überhaupt noch in privaten Sammlungen sind. Den höchsten Zuschlag auf einer deutschen Auktion erzielte 2018 bei Grisebach mit 5,5 Millionen Euro ebenfalls ein Beckmann, seine „Ägypterin“.

Das Meisterwerk des deutschen Expressionismus war bislang in Privatbesitz. Beckmann hatte es 1943 in Amsterdam gemalt. Für Kapitzky ist das Selbstbildnis auch ein Beweis für die innige Liebe zwischen dem Maler und seiner Frau vor dem Hintergrund des Schreckens des Zweiten Weltkriegs. „Quappi behielt es die ganze Zeit, bis zu ihrem Tod - sie trennte sich nie davon“, so Kapitzky.

Stiller Tod und Feuer um mich herum. Und doch lebe ich.

Max Beckmann in seinem Tagebuch, 1940.

Der 1884 geborene Künstler war in Deutschland populär, bis das NS-Regime seine politisch aufgeladene Kunst als „entartet“ diffamierte und sie 1937 aus den deutschen Museen entfernen ließ. Beruflich ausgebremst und zunehmend bedroht, ging Beckmann nach Amsterdam, zehn Jahre später in die Vereinigten Staaten.

„Stiller Tod und Feuer um mich herum. Und doch lebe ich“, schrieb er nach dem Einmarsch der Deutschen in die Niederlande 1940 in sein Tagebuch. In Amsterdam kannte Beckmann, der bereits ein Star war, keine Armut, anders als die Mehrzahl der 20.000 deutschen Emigranten dort. Es war ein produktives Jahrzehnt, in dem er ungefähr ein Drittel seines kompletten Werks schuf.

Aber im Gegensatz zu den düsteren Schwarztönen vieler dort entstandener Gemälde wirkt das nun versteigerte Selbstporträt freundlicher und sonniger, mit überraschend hellen Farben. „Als es ankam, dachte ich, ‘Wow, was für eine Kraft, die von diesem Bild ausgeht’“, sagte Auktionator Markus Krause.

Beckmann, der mit 66 Jahren an einem Herzinfarkt auf der Straße in New York starb - er befand sich gerade auf dem Weg zum Metropolitan Museum of Art, wo sein „Selbstporträt in blauer Jacke“ ausgestellt war - gilt heute als einer der wichtigsten Künstler des 20. Jahrhunderts.

Der Wert und die Preise seiner Kunstwerke gingen in den letzten Jahrzehnten steil in die Höhe. Auf dem internationalen Markt war sein „Selbstbildnis mit Trompete“ 2001 für umgerechnet gut 23 Millionen Euro versteigert worden, vier Jahre später das „Selbstbildnis mit Glaskugel“ für mehr als 17 Millionen Euro in New York. Sein Gemälde „Hölle der Vögel“, das zu seinen wichtigsten Anti-NS-Statements zählt, wurde 2017 bei Christie’s in London für 41 Millionen Euro versteigert - der internationale Rekord für ein Werk des deutschen Expressionismus. (cmx, AFP, dpa)

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