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Kultur: Knicks vor Ingmar Bergman

KLASSIK

In stillem Neid fragt sich der unbeliebte Deutsche: Warum bloß sind die Skandinavier ein so sympathischer Menschenschlag? Vielleicht wegen ihres eigenartig entspannten Verhältnisses zur konventionellen Destinktion. Vermutlich fällt es nur Skandinaviern ein, das verschneite Publikum im Foyer der Philharmonie mit schwedischen Volksliedern zu empfangen. Und vermutlich wagen auch nur nordophile Besucher dazu ein Tänzchen. Eine musikalische Verbeugung vor dem Werk des schwedischen Regisseurs Ingmar Bergman anlässlich dessen 85. Geburtstages hat sich die Deutsch-Skandinavische Jugend-Philharmonie zum Abschluß ihrer Orchesterwoche vorgenommen.

Selbstverständlich gilt der erste etwas wackelige Knicks seiner filmischen Umsetzung von Mozarts Zauberflöte. Zur herzlichen Umarmung taugt die Uraufführung des Werkes „Angesicht in Angesicht“, ein von Bergmans gleichnamigem Film inspiriertes Doppelkonzert für zwei Violinen des Schweden Håkan Larsson, nicht. Geht es hier doch um Angst, Depressionen und Entfremdung, für die Larsson sprechende Ausdrucksmittel und in den Solisten Cecilia und Martin Gelland adäquate Interpreten findet. Den wärmsten Gruß gibt das Orchester mit der siebten Sinfonie von Jean Sibelius ab. Hier gelingt unter der nicht den ganzen Abend überzeugenden Leitung des Dirigenten Andreas Peer Kähler eine wunderbare Balance zwischen kristalliner Motivarbeit und klangsinnlicher Expressivität. Es wäre weise gewesen, den Abend danach enden zu lassen. Mit dem Vorspiel und Isoldes Liebestod aus Wagners „Tristan“ waren alle Beteiligten schlicht überfordert. Doch diese sanfte Aufforderung zum Abschied verzeiht man derart sympathischen Gastgebern.

Helge Rehders

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