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Kultur: Klingelbeutel

Gala mit Anna Netrebko und Daniel Barenboim.

Selten neigt sich ein Star dem begleitenden Orchester so respektvoll zu wie Anna Netrebko. Bei dieser Haltung von Menschlichkeit erscheint es umso rätselhafter, warum die Künstlerin, wie sie gerade bekräftigt hat, den Kremlkandidaten Putin unterstützt. Eine offene Frage für uns, ihr Geheimnis. Die Erfolggekrönte weiß, was sie an der Staatskapelle unter Daniel Barenboim hat. Und doch wirkt ihre kollegiale Zuwendung besonders inspirierend, weil sie von innen kommt und aus musikalischer Vorstellung. Egozentrisches Rampensingen liegt ihr fern.

So ist es eine Freude zu beobachten, wie die Sängerin den Instrumentalisten zuhört. Dabei bewegt sie sich frei auf dem Podium, geschmiegt an die Musik, um gleichsam den ganzen Raum zu umfassen: die Philharmonie als teure Halle.

Es geht in diesem Benefizkonzert um ein „besonderes Haus“, die Sanierung der Staatsoper Unter den Linden. Das Programmhaft deutet an, was zwischen Dach und Unterbühne, Saaldecke und Bühnentechnik noch zu leisten ist, bis das Haus am 3. Oktober 2014 wieder zu eröffnen sein wird. „Nach alter Schelmenweise“ beginnt Barenboim „Till Eulenspiegels lustige Streiche“ sanft wie ein Märchen, um sich dann hyperaktiv in die Abenteuer des „Schalksnarren“ zu stürzen. Eine äußerst plastische Erzählung bis zum versöhnlichen Epilog: Till lebt ja heute noch. An die Strauss-Partitur schließen sich orchestrierte Lieder des Komponisten an, und Netrebko lauscht der ruhigen Melodie des Konzertmeisters Wolfram Brandl, bis sie einsetzt: „Und morgen wird die Sonne wieder scheinen.“ Zum Schluss schenkt sie dem Geiger einen schönen Blick.

Hier im Lied wie in einer Arie von Boito, dem Textdichter Verdis als Komponist, und dem Gesang der Herzogin Elena „Mercè, dilette amiche“ aus der „Sizilianischen Vesper“ von Verdi selbst schwingt sich die kostbare Sopranstimme frei in die Höhe, hat Farben in der Tiefe und feines Pianissimo. Die Staatskapelle brilliert mit Orchesterstücken wie der „Marche hongroise“ von Berlioz und der Ouvertüre zu „I vespri siciliani“. Barenboim scheint an gestischer Souveränität mit den Jahren immer noch zu gewinnen. Prächtige Musik also und dazu, gefördert seitens der Primadonna, eine Aura von Herzlichkeit. Sybill Mahlke

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