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"Schule von Barbizon": Die Kunst kam mit der Eisenbahn

Die Ahnen der Impressionisten haben ihre Motive in der ländlichen Idylle Frankreichs gefunden. Mit einer umfangreichen Ausstellung begibt sich das Von der Heydt-Museum auf die Spuren des "Abenteuers Barbizon".

Wuppertal - Das Wirtsehepaar Ganne mitten im Wald von Fontainebleau war findig: Als dank der neuen Eisenbahnlinie aus Paris ab 1830 immer mehr Künstler in ihre "Auberge Ganne" von Barbizon kamen, boten sie neben leckerem Gänsebraten den Malern, Fotografen und Literaten auch warme Betten an. Als "Schule von Barbizon" schlugen Maler wie Camille Corot, Gustave Courbet oder Charles Daubigny unter ihrem Dach ein neues Kapitel der Kunstgeschichte auf. Mitten in der wildromantischen Landschaft, beim Malen "sur le motif", wurden sie zu Ahnen des Impressionismus. Dem "Abenteuer Barbizon" spürt von diesem Sonntag an bis zum 6. Mai das Wuppertaler Von der Heydt-Museum nach. Ausgestellt sind rund 120 Gemälde, die sich den Aspekten der Landschaftsmalerei widmen.

Gleichberechtigt präsentiert, dokumentieren rund 140 frühe Fotografien die überraschend enge "Wechselwirkung zwischen den Genres Malerei und Fotografie", sagte Museumsdirektor Gerhard Finckh. Maler wie Lichtbildner verband bei der damals noch revolutionären Arbeit in der Natur ihre präzise Beobachtung mit einer romantischen Grundstimmung. Neben der Bahn machte auch die Erfindung der Ölfarbe aus der Tube ungeahnte künstlerische Freiheiten möglich.

"Paysage intime" wichtigste Entwicklung

Die "Erfindung" der "Paysage intime", einer sich selbst genügenden, bühnenartigen, meist menschenleeren Landschaft, gilt als wichtigste Entwicklung der Künstlerriege von Barbizon. Die "Landschaft bei Champrosay" (1849) von Eugene Delacroix oder Theodore Rousseaus von knorrigen Bäumen gerahmter "Waldrand" verbindet romantische Düsternis und breiter, mutiger Pinselstrich. Frühe Fotografen wie Eugene Cuvelier oder Constant Famin ließen sich von derselben Stimmung, derselben Waldromantik leiten.

Während Diaz de la Penas federleichtes und kleinformatiges Blumen-Stillleben die Duftigkeit eines Renoir vorwegnimmt, hatte Charles-Francois Daubigny mit seinem im nächtlichen Forst entstandenen stimmungsvollen "Mondaufgang in Barbizon" wohl Transport-Probleme: Das große Querformat zeigt als Spuren unachtsamen Aufrollens deutliche Senkrecht-Risse in der Farbfläche.

Geradezu kraftstrotzend präsentiert sich Gustave Courbets meisterliche "Winterlandschaft bei Ornans" (1865) mit schneebedeckten Felsplateaus. Nicht immer frei von süßlich-naiver Idealisierung wie bei Rousseaus "Dorfbackofen" (1853) wurde auch das Leben der Bauern zum Thema. Mit Jean-Francois Millets winziger Sepia-Federzeichnung eines grabenden Mannes (1868) oder seiner weit gespannten, nur von Krähen-Schwärmen bevölkerten melancholischen "Ebene von Chailly" kündigt sich schon die nächste Kunst-Revolution an: In Millets Motiven wie diesen fand der Mal-Titan Vincent van Gogh eine seiner wichtigsten Wurzeln. (Von Gerd Korinthenberg, dpa)

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