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Look & Mood. Vilmos Zsigmond.

© dpa

Nachruf auf Kameramann Vilmos Zsigmond: Das Auge

Er setzte das Licht für Altman, Cimino, Spielberg, gab Filmen ihre einzigartige Stimmung. Der Kameramann Vilmos Zsigmond ist im Alter von 85 Jahren gestorben.

Gestorben ist er am 1. Januar in Big Sur an der kalifornischen Westküste, in der Weltgegend mit dem wohl schönsten natürlichen Licht: Gewaltige Felsen flankieren den Blick auf den Pazifik, den die Sonne am Nachmittag und am Abend funkelnd zu entflammen scheint; und wenn der Betrachter Glück hat, tummeln sich Wale mitten im Bild und lassen, für einen kürzestbelichteten Augenblick, ihre Buckel und Flossen glitzern.

Geboren ist Vilmos Zsigmond, einer der großen Lichtsetzer des Kinos, im Zwischenkriegsungarn, 1930 in Szeged, und in der politischen Dunkelheit der von den Sowjets niederkartätschten Revolution hielt er es als junger Mann nicht lange aus: Gemeinsam mit seinem Kommilitonen an der Filmakademie in Budapest, László Kovács, türmte er 1956 nach Österreich, nicht ohne 10 000 Meter Filmmaterial über den Aufstand außer Landes zu bringen. In den USA, wo er sich bald in Los Angeles niederließ, arbeitete er zunächst als Fotograf und hinter der Kamera von Billig-Horrorfilmen, bevor Robert Altman ihn für seinen Anti-Western „McCabe & Mrs. Miller“ verpflichtete.

Create a look and have a mood

Die Siebzigerjahre wurden die allerbeste Zeit dieses Künstlers und Technikers, der sein Talent geschmeidig in den Dienst der bedeutendsten – und unterschiedlichsten – Regisseure stellte. Undenkbar das Staunen über Steven Spielbergs „Unheimliche Begegnung der Dritten Art“ (1977) ohne die prächtige Ausleuchtung des Alien-Raumschiffs, unfühlbar die Dauerdüsternis in Michael Ciminos „Heaven’s Gate“ (1979) ohne die konsequent teils bis ins Monochrome ausgekühlte Lichtsetzung, und was wäre der giftgrüne Vietnam-Dschungelthrill von „The Deer Hunter“ (1978)“ ohne Zsigmonds Farbfilter? In späteren Jahrzehnten und bis zuletzt arbeitete der vielgefragte Kameramann auch im kleineren Format, dreimal allein mit Woody Allen. Als er dem legendären Regisseur allerdings vor fünf Jahren ein total erloschenes Interesse am Filmemachen unterstellte, war Schluss mit witzig.

In einem eher technischen Interview mit dem „American Cinematographer“ schilderte Zsigmond vor Jahren beiläufig sein berufliches Credo. Weil jede Kamera den Möglichkeiten des menschlichen Auges unterlegen sei, müsse sie mit ihren Mitteln die Realität zu steigern suchen, um eine unverwechselbare Atmosphäre zu erzeugen – oder, in schönerem Englisch: create a look and have a mood. Richtig, Übung mag den Meister machen, Stimmung aber macht ihn aus.

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