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Birgit Rieger

© Tagesspiegel/Nassim Rad

Besuch beim Brachiosaurus: Leider auch nicht sauber

Nach einer Performance tansanischer Künstler im Humboldt-Forum führt Rieger’s Runde ins Naturkundemuseum, denn beides hängt zusammen.

Eine Kolumne von Birgit Rieger

Neulich im Humboldt-Forum nach der Präsentation der „Vinyago“-Tanzperformance mit Masken aus Tansania kam es zu einem emotionalen Gespräch zwischen Performern und Publikum. Unter anderem äußerten die tansanischen Kuratoren ihre Wut darüber, dass sie die ganze Zeit Dinge aus ihrer Heimat in Berliner Museen vorfinden, die hierzulande wie selbstverständlich beansprucht werden.

Es geht nicht nur um die Masken im Depot des Ethnologischen Museums, das eine riesige Tansania-Sammlung besitzt. Im Rahmen ihres Aufenthalts in Berlin besichtigten die Performer:innen auch den „Brachiosaurus brancai“ im Berliner Naturkundemuseum, der dort als Superlativ im Lichthof thront. Auch er kommt aus Tansania beziehungsweise aus der ehemaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika.

Das Dinosaurier-Skelett aus dem Berliner Naturkundemuseum gilt weltweit als Sensation

„Jeder Tansanier, der nach Berlin kommt will den Dinosaurier sehen“, bestästigt Mnyaka Sururu Mboro vom Verein Berlin Postkolonial, der sich die Vingao-Performance allein deshalb nicht anschaut, weil sie im Humboldt-Forum stattfindet, das mit dem Auftritt der tansanischen Performer in gutem Licht dastehe.

Viele Tansanier seien der Meinung der Brachiosaurus gehöre zurück nach Afrika, wo er im heute südlichen Tansania für vieles steht, sagt Mboro. Unter anderem für die wenigen Überlebenden des von deutschen Kolonialtruppen verübten Massakers während des Maji-Maji-Krieges 1905 bis 1907 –, die den Deutschen Schürfern erst den Weg zu den Saurierknochen wiesen. Diese Überlebenden schleppten die Funde später auch zum Schiff.

Sauriersaal im Naturkundemuseum Berlin. Kinder lieben den „Brachiosaurus brancai“. Seine Gesichte ist zwiespältig.

© Naturkundemuseum Berlin, Thomas Rosenthal / Thomas Rosenthal

Vor Ort muss man den Kopf sehr weit in den Nacken legen um den Dinosaurier-Riesen ganz zu sehen, 13 Meter ist das Urtier hoch. Weltrekord. Der Titan hat es ins Guinness-Buch der Rekorde geschafft, wie eine Urkunde im Naturkundemuseum verrät. Die Original-Knochenteile wurden 1906 am Berg Tendaguru in Tansania entdeckt und sukzessive nach Deutschland gebracht.

Hier wurden sie präpariert und in langwieriger Arbeit ein Skelett zusammengesetzt, das eher als Puzzle aus tausenden Fossilien zu betrachten ist, denn als ganzes Tier. Weshalb man in Deutschland auch davon spricht, dass es sich nicht um ein Naturgut sondern um ein Kulturgut handelt. Seit 2011 ist das Skelett in das Verzeichnis der national geschützten Kulturgüter eingetragen.

Zurückgeben will Deutschland den Dino nicht. Wohl aber wurden Ausgrabungen tansanischer Wissenschaftler am Tendaguru unterstützt, die insofern erfolgreich waren, als dort noch jede Menge Knochen in der Erde liegen und gefunden wurden. Tansania könnte also eines Tages selbst ein weiteres Riesen-Skelett aufbauen, so die Hoffnung. Es hätte aber keinerlei Erinnerungswert für die Menschen vor Ort, meint Mboro.

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