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Ein kaputter Panzer auf einem Spielplatz in Sumy.

© IMAGO/ZUMA Wire/Michal Burza

Ukraine-Invasion Tag 315: Wie die Einwohner von Sumy einst ihre Stadt verteidigten

Prigoschin äußert sich zu Bachmut, Putin stellt Hyperschall-Rakete in Dienst. Der Überblick am Abend.

Als Russland im vergangenen Februar in die Ukraine einmarschierte, gab es in der nordostukrainischen Stadt Sumy kaum Berufssoldaten. Und diese wurden zu Kriegsbeginn schnell abgezogen. Trotzdem konnte die Stadt sechs Wochen gehalten werden – dank der Einwohner, wie der britische „Guardian“ nun berichtet (Quelle hier). 

Rund 400 von ihnen griffen demnach bereits am ersten Tag zu den Waffen, schreibt die Zeitung, andere schlossen sich später an. Mit dabei waren auch die 29-jährigen Serhiy und Ihor, Mitarbeiter der Stadtverwaltung, die die damalige Lage als „sehr chaotisch“ beschrieben. „Es gab keine Koordination, keine Anweisungen aus Kiew oder ähnliches. Wir haben (alles) selbst gemacht“, zitiert der „Guardian“ die beiden. 

Nur wenige hätten militärische Vorerfahrung gehabt. Es habe nur einige tragbare Panzerabwehrwaffen gegeben, ansonsten Gewehre und Molotowcocktails. Aber alle hätten mitgeholfen, sagen die beiden. So hätten Leute angerufen und gesagt, wo es Kämpfe gebe, Großmütter hätten per SMS Standorte der russischen Soldaten mitgeteilt oder Freunde von der Universität Kisten mit Molotowcocktails vorbeigebracht. 

Diese ersten Tage, sagt Serhiy, hätten die Russen davon überzeugt, dass es in Sumy viele Waffen und reguläre Truppen gebe, doch es seien nur sie gewesen, „wir hatten Glück“. Schließlich hatten die Russen es aufgegeben, die Stadt als Durchfahrtsstraße zu nutzen, wie es in dem Bericht weiter heißt. Sie kesselten sie ein und umfuhren sie. Die Anstrengungen der Einwohner halfen demnach auch, die Nachschubrouten von der Grenze nach Kiew zu unterbrechen.

Nach dem 6. April schließlich wurden die russischen Kräfte aus der Region zurückgedrängt – und viele der Freiwilligen von Sumy traten der regulären ukrainischen Armee bei. Generalmajor Oleksandr Nesterenko gibt sich denn auch überzeugt, dass die russischen Truppen bei einem neuerlichen Versuch, die Stadt einzunehmen, erneut scheitern würden.

„Sie müssen verstehen, dass all diese Leute, die vor neun Monaten noch Buchhalter und Geschäftsleute waren, jetzt eine neunmonatige Ausbildung absolviert haben. Wir sind mit mehr Personal und Waffen hier und sind motiviert„, sagte er dem „Guardian“.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Russland scheitert seit Monaten an der Eroberung der ostukrainischen Festungsstadt Bachmut. Nun hat sich der Chef der Gruppe, Jewgeni Prigoschin, zum ausbleibenden Erfolg geäußert. Er erklärte, dass die Offensivoperationen äußerst zermürbend seien, da jedes Haus eine „Festung“ sei. Mehr dazu erfahren Sie hier.
    Der ehemalige russische Parlamentspräsident Ruslan Chasbulatow ist tot. Der Tschetschene sei im Alter von 80 Jahren in seinem Haus gestorben, berichtete das russische Staatsfernsehen. Der Menschenrechtsaktivist Alexander Tscherkassow bestätigte dies, nannte aber keine Todesursache. Mehr dazu lesen Sie hier.
    Russland hat nach eigenen Angaben eine Fregatte mit Hyperschall-Marschflugkörpern Richtung Atlantik entsandt. „Ich wünsche der Besatzung des Schiffes viel Erfolg bei ihrem Dienst zum Wohle des Vaterlandes“, sagte Präsident Wladimir Putin in einer Videokonferenz. Das und Weiteres lesen Sie in unserem Newsblog.
    Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) hat dem Kanzleramt erneut eine Blockadehaltung bei Panzerlieferungen an die Ukraine vorgeworfen. Viele europäische Staaten hätten bereits angeboten, die Lieferung des Leopard II gemeinsam auf den Weg zu bringen, sagte sie RTL und ntv. 
    Die Ukraine appelliert an die Vereinten Nationen, auch ohne Abmachung mit Russland Blauhelme zum Schutz des Atomkraftwerks Saporischschja zu entsenden. Bislang habe es bei den Bemühungen um eine Schutzzone keine Fortschritte gegeben, sagte der Chef des ukrainischen Versorgers Energoatom, Petro Kotin.
    Die Vorbereitungen für die Verlegung eines Luftabwehrsystems vom Typ Patriot in die Ukraine seien bereits im Gange, sagte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba in einem Video. Die USA hatten dem Land kurz vor dem Washington-Besuch von Wolodymyr Selenskyj im Dezember die Lieferung versprochen.
    Nach Einschätzung britischer Geheimdienste führt unsichere Munitionslagerung zu einem hohen Risiko für die Truppen des Kremls. London bezieht sich dabei auf den ukrainischen Angriff in Makijiwka. Es sei angesichts des Schadens realistisch, dass nahe der Unterkunft Munition gelagert worden sei, wodurch weitere Explosionen entstanden sein könnten.
    Die russische Flugabwehr hat nach offiziellen Angaben einen Drohnenangriff auf die Krim abgewehrt. „Die Flugabwehrsysteme haben am Morgen zwei unbemannte Flugobjekte über dem Meer in der Nähe von Belbek abgeschossen“, teilte der Gouverneur von Sewastopol, Michail Raswoschajew, in seinem Telegram-Kanal mit. 
    Nach dem Angriff in Makijiwka ist die Zahl der getöteten russischen Soldaten laut Moskau auf 89 gestiegen. Es sei klar, dass die Hauptursache für den Angriff „das Einschalten und die massive Verwendung von Handys durch das Personal“ gewesen sei, sagte General Sergej Sewrijukow in einem Video.

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