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© LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz-Vienna

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Herkules der Künste: Liechtenstein feiert sich in Wien

Fürst Johann Adam Andreas I. war begeisterter Kunstsammler und zählt zu den wichtigsten europäischen Mäzen seiner Zeit. Stephan Koja, vormals Direktor der Dresdner Gemäldegalerie Alte Meister, stellt die erstrangigen Gemälde sowie Kunsthandwerk im Palais Liechtenstein aus.

Von Bernhard Schulz

Nach der siegreichen Beendigung der Zweiten Belagerung durch das Osmanische Reich im Herbst 1683 blühte Wien auf. Nächst dem habsburgischen Kaiserhaus waren es die Fürsten von Liechtenstein, die mit zwei überaus anspruchsvollen Bauprojekten ihren Rang und Anspruch dokumentierten. Ein Stadtpalais innerhalb der Mauern der Stadt sowie ein Gartenpalais in der Talsenke der Rossau entstanden, nach damals modernsten Vorbildern des römischen Barock.

Im Gartenpalais, eher ein riesiges Schloss, ließ der Bauherr, Fürst Johann Adam Andreas I., im gewaltigen Festsaal ein Deckenfresko mit den Taten des Herkules und dessen Aufnahme in den Olymp malen, von Andrea Pozzo, der aus Italien geholt worden war. Der mythologische Herkules diente mit seinen heldenhaften „Arbeiten“ seit der Antike, dann aber in der Renaissance als Personifikation des guten Fürsten. So wollte der Liechtensteiner verstanden werden.

Als „Herkules der Künste“ charakterisiert ihn die Ausstellung, die derzeit in besagtem Gartenpalais stattfindet. Aus den überreichen Beständen der fürstlichen Sammlungen hat deren neuer Direktor Stephan Koja, vormaliger Chef der Dresdner Gemäldegalerie Alte Meister, ausgewählt, was der seit 1684 regierende Fürst teils ererbt hatte, vor allem aber selbst erwarb und zur Repräsentation einsetzte. Wirtschaftlich erfolgreich, konnte er in größtem Stil einkaufen. In den Sälen im Obergeschoss des Palastes dominieren Gemälde von Peter Paul Rubens, auf die sich mehr und mehr der Sammelehrgeiz des Fürsten richtete.

Intimer Rubens: Porträt der Clara Serena Rubens, der Tochter des Künstlers, um 1616.

© LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz-Vienna

Riesige Rubens-Sammlung

Er trug im Laufe seiner bis 1712 währenden Regentschaft eine der größten Rubens-Sammlungen zusammen, nebenbei in erbitterter Konkurrenz mit zwei Kurfürsten des Reiches, deren Erwerbungen heute den Reichtum der Münchner Alten Pinakothek ausmachen. Dabei ist der aus acht Gemälden bestehende Zyklus zum römischen Feldherrn Decius Mus derzeit nur zur Hälfte zu sehen, die weiteren Gemälde sind in restauro.

Doch neben einer solchen, dem Selbstbild eines Fürsten angemessenen Werkreihe hat Johann Adam Andreas auch private, ja intime Bilder des großen Flamen erworben, so das Porträt der beiden Söhne Albert und Nikolaus, dann das bezaubernde Porträt der fünfjährigen Tochter Clara Serena oder auch die „Venus vor dem Spiegel“, die dem Künstler Gelegenheit bot, mit zwei Profilen derselben Person seine Meisterschaft zu demonstrieren.

Aus heutiger Sicht nicht von gleichem Rang sind die Erwerbungen italienischer Malerei in Gestalt der bis zu fünf Meter hohen Großformate von Marcantonio Franceschini, zwei Zyklen zu Diana und Adonis – kurz vor 1700 geschaffen, waren sie tagesaktuelle Kunst. Bedeutender sind im Erdgeschoss die dicht gehängten Porträts, etliche von Anthonis van Dyck, aber auch ein vorzüglicher Paris Bordone von 1533. Und dann sind da noch die beiden späteren, 1760 entstandenen Veduten Bernardo Bellottos, die der vom Siebenjährigen Krieg aus Dresden vertriebene Maler von eben dem Gartenpalais fertigte, in dem sie nun wieder zu sehen sind.

Der Mäzen und Sammler, gemalt von Anton Peter van Roy: Porträt des Fürsten Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein, um 1706.

© LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz–Vienna

Eine dieser beiden Ansichten geht vom Belvedere aus – dem baulichen Abschluss des riesigen Gartens, entworfen von Johann Bernhard Fischer von Erlach, der damit 1688 seine Wiener Geniezeit begann, und idiotischerweise zwei Jahrhunderte darauf abgerissen. Es trifft sich, dass eine Ausstellung zu dem Barockbaumeister derzeit im Wien Museum zu sehen ist und so bereichert, was die Liechtenstein-Ausstellung im Untertitel als „Wien um 1700“ anspricht: die Habsburger-Hauptstadt im Aufstieg zu europäischer Geltung.

Gemälde und Kunsthandwerk

Einen besseren Einstand hätte Stephan Koja kaum geben können als mit der Herkules-Ausstellung, zu deren Vielzahl erstrangiger Gemälde naturgemäß all das Kunsthandwerk hinzukommt, das einst zur Ausstaffierung von Adelssitzen unabdingbar war, Skulpturen, antikisierende Bronzen, Porzellane wie etwa ein kampfeslustiger weißer Elefant.

Noch ist das Gartenpalais nur temporär zu Ausstellungen geöffnet, das soll schrittweise erweitert werden. Koja rühmt die „Beweglichkeit“ seines „kleinen Teams von hochkompetenten Mitarbeitern“ gegenüber einem großen Haus – das Kunsthistorische Museum Wien hätte ihm wohl offen gestanden –, dazu den Reichtum der über 30.000 Werke umfassenden Sammlungen, aus denen er thematische Ausstellungen schon bis 2028 im Kopf hat. Kein Zweifel, in Wien ist Stephan Koja am Ziel.

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