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Bundeskanzler Olaf Scholz.

© Reuters/Johanna Geron

Update

Reaktionen zum Tod Joseph Ratzingers : „Eine streitbare Persönlichkeit und ein kluger Theologe“

Für Kanzler Scholz war Papst Benedikt XVI. „ein besonderer Kirchenführer“. Andere sehen dessen Wirken auch kritisch.

Mit dem Tod des emeritierten Papstes Benedikt XVI. verliert die Welt nach den Worten von Bundeskanzler Olaf Scholz einen klugen Theologen. „Als „deutscher“ Papst war Benedikt XVI. für viele nicht nur hierzulande ein besonderer Kirchenführer“, schrieb der SPD-Politiker am Samstag auf Twitter.

„Die Welt verliert eine prägende Figur der katholischen Kirche, eine streitbare Persönlichkeit und einen klugen Theologen. Meine Gedanken sind bei Papst Franziskus.“

Nach Angaben eines Vatikansprechers war der aus Bayern stammende Benedikt XVI. am Samstag um 9.34 im Alter von 95 Jahren in einer Residenz im früheren Kloster Mater Ecclesiae in den Vatikanischen Gärten gestorben. Er war im Februar 2013 in einem höchst ungewöhnlichen Schritt aus gesundheitlichen Gründen vom Amt des Papstes zurückgetreten.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte die Bescheidenheit des verstorbenen emeritierten Papstes. „Sein Glaube, sein Intellekt, seine Weisheit und seine menschliche Bescheidenheit haben mich immer tief beeindruckt“, erklärte Steinmeier am Samstag. „Benedikt entschied sich zum Amtsverzicht in dem Moment, in dem er gewiss war, sein Amt nicht mehr mit der nötigen Kraft ausführen zu können. Das war eine unerwartete kirchengeschichtliche Zäsur.“

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD).

© Imago/Chris Emil Janssen

Der Bundespräsident betonte zudem die „ganz besondere Bedeutung“ des Papstes für Deutschland und auch als Deutscher: „Die Wahl eines Papstes aus dem Mutterland der Reformation und eines Intellektuellen, der sich den Dialog zwischen Glaube und Vernunft zur Lebensaufgabe gemacht hatte, war für viele Menschen auf der ganzen Welt ein wichtiges Zeichen.“

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ordnete nach dem Tod des aus Bayern stammenden Papstes Trauerbeflaggung an allen staatlichen Dienstgebäuden im Freistaat an. „Wir trauern um unseren bayerischen Papst“, erklärte Söder am Samstag in München. Der Tod von Benedikt XVI. berühre ihn genau wie viele Menschen in Bayern und aller Welt sehr.

Viele Menschen in seiner Heimat würden den Verstorbenen nicht nur als Papst Benedikt XVI., sondern auch als bescheidenen Seelsorger in dankbarer Erinnerung behalten, erklärte Söder weiter. „Er gab vielen Menschen Kraft und Orientierung.“

Söder erinnerte an den Besuch Benedikts in seiner bayerischen Heimat im Jahr 2006, der bis heute unvergessen geblieben sei. Als damals neuer Papst habe er seine Liebe zu Land und Leuten zum Ausdruck gebracht. „Er trug seine Heimat immer im Herzen.“

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. zu Besuch in Bayern 2020.

© dpa/Sven Hoppe

Benedikt war 1927 als Joseph Ratzinger im bayerischen Marktl am Inn zur Welt gekommen. Er war ab 1977 zunächst Erzbischof von München und Freising, wechselte dann als Kardinal in den Vatikan und leitete dort viele Jahre die Glaubenskongregation, bevor er 2005 zum Papst gewählt wurde.

Er das Papstamt im guten Sinn entmystifiziert, menschlich wieder lebbar gemacht und seiner Kirche angesichts seiner abnehmenden Kräfte einen klugen Dienst erwiesen.

Kirchenrechtlers Thomas Schüller

Nach Überzeugung des Kirchenrechtlers Thomas Schüller wird er vor allem durch seinen freiwilligen Rücktritt vom Papstamt 2013 in Erinnerung bleiben. „Damit hat er das Papstamt im guten Sinn entmystifiziert, menschlich wieder lebbar gemacht und seiner Kirche angesichts seiner abnehmenden Kräfte einen klugen Dienst erwiesen“, sagte Schüller, Direktor des Instituts für Kanonisches Recht an der Universität Münster, der Deutschen Presse-Agentur.

Er fremdelte mit der Welt

Schüller übte aber auch Kritik. Benedikts Theologie sei „sehr belastet gewesen von einer augustinisch-platonischen Sicht auf die Welt, mit der Ratzinger immer gefremdelt hat“. Die Aufklärung und die neuzeitliche Hinwendung zu freien Gesellschaften habe er nie vollzogen und stattdessen für die Kirche das Programm der Weltflucht ausgerufen. Es sei deshalb unzutreffend, wenn ihn seine Fans als „Mozart der Theologie“ bezeichneten.

Benedikt XVI. war ein Papst, der mich als Katholikin immer wieder auf die Probe stellte.

 Berliner Verkehrssenatorin Bettina Jarasch

Auch die Berliner Grünen-Politikerin Bettina Jarasch würdigte den verstorbenen früheren Papst Benedikt XVI. kritisch. „Benedikt XVI. war ein Papst, der mich als Katholikin immer wieder auf die Probe stellte, weil er dringend nötige Reformen in der katholischen Kirche verhindert hat und über wichtige Debatten den Mantel des Schweigens hüllte“, sagte die Berliner Umweltsenatorin am Samstag in Berlin. „Dass er selbst den Mut und die Kraft hatte, zu Lebzeiten den Weg für eine Neuwahl frei zu machen und so indirekt Türen für Reformen geöffnet hat, nötigt mir aber Respekt ab.“

Neben Scholz brachten weitere Mitglieder der Bundesregierung ihre Trauer zum Ausdruck. Der Tod des Ex-Papstes sei „ein schmerzhafter Verlust für Katholikinnen und Katholiken weltweit“, erklärte Innenministerin Nancy Faeser (SPD). „Meine Gedanken sind bei allen, die mit ihm einen Menschen verloren haben, der ihnen und ihrem Glauben Kraft und Stimme gegeben hat.“

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bezeichnete den verstorbenen Theologen als „geschichtsträchtige Persönlichkeit und einen nicht unumstrittenen Intellektuellen“.

CDU-Chef Friedrich Merz bescheinigte dem deutschen Papst, in seinem Heimatland „eine neue Hinwendung zur katholischen Kirche über alle Generationen hinweg“ ausgelöst zu haben. „Wir verneigen uns in Trauer und Dankbarkeit vor dem Lebenswerk des Heiligen Vaters Papst Benedikt XVI..“ (AFP, dpa)

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