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© dpa

Ehefrau: Die Göttergattin

Bei der ersten Begegnung mit Herbert von Karajan wird ihr schlecht. Eliette von Karajan war die Frau an seiner Seite . Jetzt hat sie ein Buch über ihr Jetsetleben geschrieben

Es waren einmal drei französische Mädchen, die heißen Odile, Simone und Eliette. Weil sie nicht nur jung, sondern auch sehr schön waren, arbeiteten sie als Models für Christian Dior. Dabei lernten sie die Laufstege der internationalen Modemetropolen kennen – und jede Menge reiche, attraktive Männer. So kam es, dass alle drei sehr gute Partien machten: Odile heiratete Porfirio Rubirosa Ariza, den angesagtesten Playboy des Augenblicks. Simone bekam Curd Jürgens, einen der beliebtesten Schauspieler seiner Generation. Eliette aber wurde die dritte Ehefrau von Herbert von Karajan, dem berühmtesten Dirigenten aller Zeiten. Und weil er schon 1989 gestorben ist, erzählt sie nun in der Autobiografie „Mein Leben an seiner Seite“ von den 31 märchenhaften gemeinsamen Jahren: als Geschenk für ihren Herbert zum 100. Geburtstag, den der Maestro 2008 theoretisch hätte feiern können.

Das beim Ullstein Verlag erschienene Buch ist in einem grauenhaften Groschenromanstil geschrieben – doch wer sich auch nur ein wenig für das Leben hinter den Kulissen der Klassik interessiert, muss einfach immer weiterlesen: „Das Feuer loderte, und die elegante Geste, mit der er sich eine Zigarette anzündete, erinnerte mich an den französischen Filmstar Jean Gabin. Als Herbert dann seine stahlblauen Augen in meine senkte, war es endgültig um mich geschehen.“

Da lag das erste Treffen zwischen der gerade 18-jährigen Halbwaisen aus Nizza und dem weltweit gefeierten Dirigenten schon etwas zurück: Es war eine laue Sommernacht Anfang der fünfziger Jahre, eine Freundin ihrer Mutter hatte Eliette nach Saint-Tropez mitgenommen, zu einer Segeljacht-Party. Doch kaum befand sich der aufgeregte Backfisch auf dem Schiff, überkam ihn eine schreckliche Übelkeit. Ein soignierter Herr, er mochte ein Vierteljahrhundert älter sein, bot ihr charmant den Arm, führte sie erst von Bord und später zum Essen aus. Herbert von Karajan war zu dieser Zeit noch gebunden. Doch sein Entschluss, das schöne Mannequin zu erobern, stand bald fest. Auf einen Status als Zweitfrau wollte sich die selbstbewusste Eliette aber nicht einlassen: „Nur einfach auf Abruf dazusiten, bis Herr Maestro einen Termnin für mich reservieren konnte, kam nicht infrage.“

Karajan lässt sich scheiden – und findet in einem übervollen Kalender auch bald eine Lücke für seine dritte Eheschließung: Am 8. Oktober 1958 soll das Jawort im italienischen Castel Gandolfo gesprochen werden – doch die Presse bekommt Wind von dem Ereignis. Da ein Terminwechsel nicht infrage kommt, muss blitzschnell örtlich umdisponiert werden: In Megève in den Savoyer Alpen findet sich ein verschwiegener Standesbeamter, Karajans Sekretär André von Mattoni und der private Skilehrer werden Trauzeugen – und in der französischen Klatschzeitung „Paris Match“ erscheint ein Acht-Seiten-Artikel mit heimlich geschossenen Fotos.

Eliette, die aus ihrer Modelzeit Blitzlichtgewitter gewohnt ist, schickt sich in die Rolle als öffentliche Person. Schließlich ist sie nun die Göttergattin, Partnerin eines kultisch verehrten Künstlers. „Leichten Herzens“ gibt sie ihren Beruf auf und sieht ihre Erfüllung darin, zu malen und die Töchter Isabel (benannt nach einem Hotel auf seiner Lieblingsinsel Ischia) und Arabel (als Hommage an Richard Strauss’ fast gleichnamige Oper) großzuziehen – freilich mit Hilfe eines ganzen Trosses von Angestellten, die für Behaglichkeit im Karajan’schen Anwesen in Anif bei Salzburg, St. Moritz und Saint-Tropez sorgen.

Gerne folgt sie auch Herberts Wunsch, bei allen Proben still dabeizusitzen. Offenbar schätzt der sonst so unbeirrbare Interpret den Hausfrauentest: Wenn es der von keinerlei musiktheoretischer Sachkenntnis angekränkelten Eliette gefällt, wird es wohl auch beim großen Publikum gut ankommen. Herbert von Karajan war eine gespaltene Persönlichkeit, daran lässt bei aller Parteilichkeit auch Eliettes Anekdotensammlung keinen Zweifel: Öffentlich der unnahbare Pulttitan, der stets mit geschlossenen Augen dirigierte und sich lieber entleibt hätte, als Emotionen zu zeigen, privat eine liebevolle Vaterfigur, rührend besorgt um seine Familie wie auch um „seine“ Musiker von den Wiener und Berliner Philharmonikern. Ein Mann mit Herz und – ja, tatsächlich! – Humor: Eines Abends haben die Karajans die Könige von Spanien und Jordanien sowie den Schah von Persien Reza Pahlewi mit seiner Farah Diba zum Abendessen in ihr Haus im Nobelskiort St. Moritz eingeladen. Als Eliette die Frage quält, ob sie den gekrönten Häuptern nun mit einer Verbeugung oder lieber mit einem Hofknicks gegenübertreten soll, rät Herbert ihr trocken, sich doch einfach das Bein eingipsen zu lassen.

„Mein Leben an seiner Seite“, Eliette von Karajan, Ullstein, 22,90 Euro. Am 21. Januar ist Eliette von Karajan zu Gast in der TV-Sendung „Beckmann“, am 22. Januar signiert sie ihr Buch ab 18 Uhr im Berliner Kulturkaufhaus Dussmann.

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