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Haushoch überlegen. Die deutsche Auswahl der Bürgermeister.

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Feierabend-Kicker: Die etwas andere Deutsche Nationalmannschaft

Bei einer eigenen EM in Polen tritt die „Deutsche Fußball-Nationalmannschaft der Bürgermeister“ an. Die Spieler kommen aus vielen Dörfern und haben Holland schon einmal mit 11:1 besiegt.

Von Matthias Schlegel

Um politische Korrektheit müssen sie sich nicht kümmern. Bevor diese deutsche Elf bei der Fußball-Europameisterschaft auf den grünen Rasen läuft, wird den Spielern kein Statement zum Fall Timoschenko abverlangt. Denn die Fußball-EM der Bürgermeister wird nur im polnischen Tychy, 15 Kilometer vom schlesischen Kattowitz (Katowice) entfernt, ausgetragen. Und zwar drei Wochen vor dem „großen“ Turnier.

Die Wahl des Spielorts folgt freilich keinem politischen Kalkül, sondern rein sachlichen Erwägungen: Die einzelnen Spieler tragen die Kosten für Fahrt und Unterkunft selbst. Unter diesen Vorzeichen wäre ein Wechsel in die hunderte Kilometer entfernte Ukraine vor allem eine monetäre Strapaze.

Vor der Europameisterschaft in Österreich 2008 haben sich auf eine Rundmail hin fußballbegeisterte Oberhäupter aus rund 20 deutschen Kommunen zur „Deutschen Fußball-Nationalmannschaft der Bürgermeister“ zusammengefunden – und damals auf Anhieb die EM gewonnen. Fred Kaiser, ehrenamtlicher Bürgermeister aus dem brandenburgischen Dissen-Striesow unweit von Cottbus, ist einer der Titelverteidiger, die in Polen in den vom DFB gesponserten deutschen Trikots auflaufen werden. Im Juni wird er 52, ist einer der Ältesten in der Mannschaft (der Jüngste ist Jahrgang 1981), deshalb hat sich Kaiser mehr in die Verteidigung zurückgezogen. Zu Hause ist er noch bei den Alten Herren von Grün-Weiß Dissen aktiv. „Ich spiele seit meinem 12. Lebensjahr in meinem Heimatort Fußball, aber über die Kreisliga bin ich bisher nicht hinausgekommen“, sagt er. Da ist die Nationalelf doch noch mal eine echte Herausforderung.

Aber für Kaiser und die anderen Gemeindeoberhäupter aus Orten wie Höchenschwand, Schuttertal und Muggensturm in Baden-Württemberg, Abtsteinach und Birkenau in Hessen oder Recke in Nordrhein-Westfalen zählen nicht allein die sportlichen Aspekte: „Wir verstehen uns als Botschafter Deutschlands, pflegen Kontakte. Und wir nutzen die Begegnungen natürlich auch, um über unsere kommunalen Probleme zu reden“, sagt Kaiser.

Drei- bis viermal im Jahr treffen sie sich, davon sind zwei bis drei Termine Länderspiele. Sie waren schon in Israel und Südafrika. Das letzte Länderspiel haben sie gegen die Holländer bestritten. Was im großen Fußball ein emotional aufgeladener Prestigekampf zweier Fußballgiganten ist, war bei den Bürgermeistern eine recht einseitige Angelegenheit: 11:1 haben die Deutschen gewonnen. „Die Holländer spielen schon seit 20 Jahren zusammen – das macht sich im Altersdurchschnitt bemerkbar“, sagt Kaiser.

Für die EM sind die Deutschen gerüstet. Ein viertägiges Vorbereitungslager in Berlin ist gerade zu Ende gegangen, und das Testspiel gegen die Mannen vom Sparkassen- und Giroverband haben die Bürgermeister mit 5:2 gewonnen. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Christoph Bergner, hat die Mannschaft empfangen und mit guten Wünschen ausgestattet. Ein wenig skeptisch schauen die Kicker dem EM-Turnier mit zehn Mannschaften, vor allem aus Osteuropa, aber schon entgegen: Nach einer Neuregelung dürfen auch stellvertretende Bürgermeister mitspielen, wenn sie über 40 Jahre alt sind. Da könnte sich schon mal ein ehemaliger Profi in den Kader schmuggeln lassen…

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