zum Hauptinhalt
Die rachsüchtige Lisi Madlmeyer (Sofie Eifertinger, links) hat es in den Kreis um die angesagte Influencerin Vanessa von Höhenfeldt (Valerie Huber) geschafft.

© Walter Wehner

Netflix-Serie „Kitz“: Rich Kids gegen „fucking“ Naturburschis

Kitzbühel ist das „Aspen der Alpen“ und Schauplatz einer Serie, wo die Instagram-Blase auf die Bauern und Kuhmist trifft.

Geht ja gar nicht anders. "Kitz" kann nicht nur eine Serie bei Netflix sein, dem Publikum wird ein Young-Adult-Mystery-Drama angeboten. Wie auch anders, wenn das Instagram-Model Vanessa von Höhenfeldt (Valerie Huber) mit ihren Freunden in Kitzbühl eine crazy Silvesterrparty feiern will.

"Fucking", "relax", "lame", "das ist ja voll local hier", in dieser Hybridsprache reden Vanessa, ihre beste Freundin Pippa (Krista Tcherneva), Kosh Ziervogel (Zoran Pingel) und Vanessas Freund Dominik Reid (Bless Amada). Eigentlich müsste das Leben dieser Rich Kids ("Kitz", you know!) einem Glücksschweif folgen, tut es aber nur stellenweise.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Kosh ist reicher Hotelerbe, der Vater vor vier Monaten gestorben, die Mutter tut irgendwo auf dieser Welt Gutes, Kosh sucht seinen Lebensweg ebenso wie Dominik, der Vanessas Freund sein soll, vielleicht aber nur ihr Picture-Accessoire ist. Dominik sucht die Anerkennung seines Vaters. Alle suchen sie etwas und alle hoffen, in Kitzbühl es zu finden.

Also verliebt sich Kosh in den Bauernsohn Hans Gassner (Ben Felipe), also nähert sich Lisi Madlmeyer (Sofie Eifertinger) der Blase um Influencerin Vanessa. In böser Absicht: Joseph, Lisis Zwillingsbruder, ist vor einem Jahr zu Tode gekommen. Seine Schwester ist der festen Überzeugung, dass Vanessa ihre Liebe zu Joseph nur vorgespielt hatte, worauf der "toy boy" von der Straße in den Tod fuhr. Lisa sinnt gemeinsam mit Hans auf Rache, also setzt sie alles daran, Vanessas beste Freundin zu werden. Guilty Pleasure, Baby!

["Kitz", Netflix, sechs Folgen]
"Kitz" ist eine Gemeinschaftsarbeit. Regie führten Maurice Hübner und Lea Becker, als Showrunner fungierten Produzent Vitus Reinbold und Chefautor Nikolaus Schulz-Dornburg, dem Daniela Baumgärtl, Janina Dahse, Tanja Bubbel und Korbinian Hamberger zuarbeiteten. Der Cast der wenigen Guten und sehr vielen Bösen bietet eine gleichwertige Besetzung.

Es spricht wenig dagegen, nach zwei Folgen auszusteigen, bis dahin wurde eine Soap aufgeführt, in der die Klischeedichte enorm ist. Auf der einen Seite die arroganten Reichen aus Deutschland, auf der anderen Seite die einfältigen Bewohner eines Tiroler Bergstädtchens, entsprechend hölzern fallen die Konflikte und schmalspurig die Dialoge aus. Alle sprechen astreines Bundesdeutsch, die grassierenden Überzeichnungen führen nicht zur Kenntlichmachung, sondern zur Karikatur. Geradezu beleidigend ist, wie sehr die cleveren Kitzbühler, die ihren Ort zum "Aspen in den Alpen" hochstilisiert, zum Spaß-Spa mit Hansi-Hinterseer-Gaudi-Charme hochgejazzt haben, als Grantler, ewig Frustrierte und Abgehängte denunziert werden.

"Kitz" kommt aus der Soap-Spur

Aber aufgeben gilt nicht. "Kitz" kommt zusehends aus der engen "Kitz"-Spur mit Glamour und Glitzer, Party- und Panoramabildern, die meisten Hauptakteure (Kosh!) gewinnen Statur, werden zu Protagonisten einer Erzählung, die aus der Alpen-Seifenoper herausfindet. Weil das Drama prononciert wird, weil das Fiese fieser wird, weil die Sinnsuche an Ernst gewinnt, weil aus den Marionetten Menschen werden. Auf der "Streif" wird der berühmteste Abfahrtslauf der Welt ausgetragen. Wie gefährlich, wie aufregend das Rennen weiß nur der, der unten durchs Ziel fährt. So ähnlich ergeht es dem Zuschauer von "Kitz".

Alpen, sustainable

Losfahren, durchhalten, ankommen, ausatmen. Oder wie es die Model-Agentin Regine Forsell (Florence Kasuma) deklariert: Der Erlös der Fashionshow werde gespendet, damit "die Alpen sustainable bleiben". Entsprechend "Kitz" mit einem Cliffhanger endet.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false