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Fachzeitschriften: Mein Bär, mein Fuß, mein Fisch

Der Medienkrise trotzen: Special-Interest-Magazine scheinen unverwüstlich.

Der Verkäufer im Zeitschriftenladen des Berliner Hauptbahnhofs weiß nicht, wo das Heft „Teddy & Co.“ steht. „Vielleicht beim Bastelkram.“ „Teddy & Co.“ nennt sich das „meistverkaufte Bärenmagazin Deutschlands“, es kostet fünf Euro und erscheint alle zwei Monate. In ihm findet man investigative Artikel mit Titeln wie „Aktuelle Teddy-Highlights unter der Lupe“. Im Sortiment steht es nicht allein, sondern bei Magazinen über Puppen, Handarbeitsheften und den anderen drei Teddymagazinen, gegen die sich „Teddy & Co.“ am Markt behaupten muss. Im angrenzenden Regal liegen Fischerei-, Wrestling- und Trabrenn-Magazine.

Die Zeitschrift „Teddy & Co.“ (Schwerpunktthema in der Januar-Ausgabe: „Schritt für Schritt zum eigenen Bären – wie es funktioniert und was Einsteiger wissen müssen“) liefert mit ihrem Editorial-Foto gleich eine Überraschung: Der Chefredakteur ist ein Mann. Ein junger Mann zudem. Einer, der sicherlich im Laufe seiner Karriere schon den einen oder anderen Spruch wegstecken musste. Heute aber geht es ihm nicht schlecht. Das Teddymagazin liegt nach eigenen Angaben seit Jahren bei einer stabilen Auflage von rund 20  000 verkauften Exemplaren. 50 Prozent der Leser (die zu 99 Prozent aus Frauen der Altersspanne Ende 40 bis Ende 60 bestehen) lesen das Blatt seit mehr als sieben Jahren. In Zeiten, in denen Zeitungen und Zeitschriften um Leser buhlen, Anzeigen wegbrechen, Redaktionen sparen, hat sich die Finanzkrise auf Special-Interest-Magazine noch nicht ausgewirkt. Schon den Einzug des Internets hatten jene unbeschadet überstanden. Bei den Nischenblättern besteht eine enge Bindung zwischen Druckerzeugnis und Leser. Die Nischenzeitschriften sind szenenah und werden oft aus einem persönlichen Spleen heraus gegründet. Ihre Leser werben sie gerne auf ebenso spezialisierten Messen und Veranstaltungen.

Während Nischenblätter für große Unternehmen und Verlage eher uninteressant sind, weil sie zu klein und unbedeutend sind, um große Gewinne einzufahren, sind sie gerade für kleine Verlage reizvoll. So wie für die Partner Medien Verlags- und Beteiligungs GmbH, die die Teddyzeitschrift herausgibt. Zu ihren weiteren Titeln gehören das „Patchwork Magazin“ oder „Vegetarisch fit!“. Zur Finanzkrise sagt Chefredakteur Thorsten Weber: „Och, das hält sich im Rahmen.“ Eine unaufgeregte Haltung, die man derzeit selten im Medienbereich hört. Natürlich haben die meisten Nischenmagazine nicht viel Geld, es hat sich bloß in der vergangenen Zeit auch nicht verschlechtert.

Ähnlich entspannt klingt Wolfgang Weising, Chefredakteur des Magazins „Laufzeit“, das im kleinen Berliner Verlag Laufzeit Verlags GmbH erscheint und in dem es für drei Euro Anleitungen für „Hanteltipps für schnelle Beine“ und „Geschenkideen für Sportler“ gibt. Das „Laufzeit“-Magazin verkauft nach eigenen Angaben monatlich etwa 16 500 Exemplare. Weising selbst hat das Magazin 1990 gegründet und wirbt auf dem Berlin-Marathon für sein Blatt. Weising sagt: „Wir haben es in der Nische besser. Wir haben eine feste Stammleserschaft, die nicht so leicht abzubringen ist.“ Weising selbst ist passionierter Läufer, seine Redaktionsmitglieder sind es ebenfalls. „Anders geht’s auch nicht.“ Die Redakteure in Special-Interest-Magazinen müssen im Thema fest verankert sein, weil die Leser oft Experten sind. Das Magazin „Der Raubfisch“ wird schließlich nicht von Vätern gelesen, die mit ihrem Kind zum Vater-Sohn-Gespräch aus Spaß mal fischen gehen. So überrascht es nur im ersten Moment, dass die Sekretärin des Jagdmagazins „Wild und Hund“ des Paul Parey Zeitschriftenverlags auf der Homepage mit einem Gewehr über der Schulter abgebildet ist und der Chefredakteur mit seinem Rauhaardackel.

Der Chefredakteur heißt Karl-Heinz Betz und ist ein resoluter Mann, der meint, über die Finanzkrise könne man eben nicht viel sagen. Das zweimal pro Monat erscheinende Magazin, dessen verkaufte Auflage bei rund 64 000 Exemplaren liegt, besteht seit 114 Jahren, 70 Prozent der Leserschaft sind Abonnenten. So schnell lassen die ihr Heft nicht fallen. Am Bahnhofskiosk haben Nischenhefte trotzdem einen schlechten Platz. Bis nach hinten muss man durchgehen und sich bücken, um noch Fernfahrermagazine, Stickerei- und Tanzsporthefte zu finden. „Uns werden Sie nicht finden, uns müssen Sie suchen“, sagt „Laufzeit“-Chef Weising. „Aber das tun unsere Leser ja auch.“

www.laufzeit-online.de

www.ppvverlag.de/teddymagazin

www.wildundhund.de

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