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Von TISCH zu TISCH: Belmondo

In Orangenöl gebratene Meerbarben

Ach du liebes Frankreich! Eiswürfel im Crémant? Man muss nicht jede Mode mitmachen, besonders nicht bei dem doch kräftigen Preis von 7 Euro für 0,1 l. Sowieso ist mir jede Art von Sekt oder Wein on the rocks ein alles verwässernder Graus. Immerhin nimmt der Kellner den Crémant ohne zu Murren wieder mit, entfernt die beanstandeten Würfel und kommt zurück mit den trotzdem eiskalten, randvoll gefüllten Gläsern. „Auf Belmondo“, schlägt der Kellner sogar noch einen Toast vor.

Das französische Restaurant ist im Vergleich zu den umliegenden Lokalen an diesem Abend gut gefüllt, das liegt vielleicht am Charme und Stil des Hauses. Die überraschend umfangreiche Karte enthält neben Klassikern wie Quiche Lorraine, Salade Niçoise, Weinbergschnecken und Miesmuscheln in Weißwein auch Kaviar mit Blinis und Sauerrahm. Letzteres ist das einzige Gericht, das in russischer Übersetzung aufgeführt wird und mit dem Hinweis „Tagespreis“. Ob der sich nach der aktuellen Russenquote richtet? An unserem Abend wurde eher deutsch gesprochen.

Hier darf immerhin noch geraucht werden, jedenfalls auf den historischen Bildern. Die Wände des L-förmigen, im hinteren Teil sehr schmalen Raumes sind geschmückt mit Schwarz-Weiß-Bildern der französischen Schauspielerlegende Jean-Paul Belmondo, und mit ländlichen Ansichten. Dunkles Mobiliar und festlich weiß gedeckte Tische bestimmen das gediegene Ambiente eines Restaurants, dass man auch gut mal vor oder nach dem Theater besuchen kann.

Als Amuse Gueule zum nicht ganz knusprigen Baguette gab es eine mit feinem Ragout gefüllte, überbackene Muschelschale. Die kräftige Fischsuppe wurde mit separat angerichteten Knoblauchcroûtons, frischen Knoblauchzehen, einer pikanten Rouille-Sauce und Käseraspeln serviert. Das Baukastenprinzip macht nicht nur Spaß, es ist nützlich, da man so den Knoblauchgehalt den Erfordernissen des kommenden Tages anpassen kann (5,50 Euro). Hübsch anzusehen und in der Komposition ebenfalls harmonisch war der Garnelencappuccino mit Armagnacschaum (5,50 Euro).

Zwei in Orangenöl gebratene Meerbarben wurden komplett mit Kopf und Panade serviert. Nach dem Filetieren und dem Entfernen der vielen Gräten blieb davon nicht viel übrig. Schon klar, es ist Tradition, das so zu servieren, aber vielleicht ist nicht jede Tradition es wert, bewahrt zu werden. Was vom Fisch letztlich übrig blieb, schmeckte frisch und kräftig. Dazu gab es einen gelben Reiskuchen und sautiertes Gemüse, Auberginen, Zucchini, Paprika (14 Euro). Die Rindermedaillons waren zart und rosig durchgebraten, gutes Fleisch und nach bester französischer Art mit würzigem Bratensaft. Dazu gab es Austernpilze, Brokkoli und etwas fade Kartoffelplätzchen (25 Euro).

Das Dessert klang schon wie eine Abschiedsmelodie: „La sonate du trio des chocolats avec l''orange“. Ein kleiner Turm aus dunkler und heller Mousse au Chocolat, mit Grand Marnier beziehungsweise mit Chartreuse gewürzt, dazu ein warmer, innen flüssiger, köstlicher Schokoladenkuchen und Orangeneis.

Die Weinkarte ist klein und leider nicht mit einem auf Anhieb erfreulich wirkenden Preis-Leistungs-Verhältnis gesegnet. Dafür sind die offenen Hausweine überraschend gut und günstig, der fruchtige Merlot sogar noch deutlicher als der leichte Chardonnay (0,5 l für 6 Euro).

Überhaupt ist dies ein Lokal, in dem man sehr unterschiedliche Rechnungen machen kann. Viele Vorspeisen liegen um die zehn Euro, Hauptgerichte in den Mittzwanzigern, das sechsgängige Menü Dégustation kostet 65 Euro. Es gibt aber auch kleinere Gerichte zwischen zehn und 20 Euro. Diese Bandbreite trägt zur guten Besucherzahl offensichtlich ebenso bei wie das Bekenntnis zu einer Sinne und Magen sättigenden Küche, die sich an dem orientiert, was viele ganz normale Restaurantbesucher als besonderen Geschmack empfinden, der im Alltagseinerlei festliche Akzente setzt. Unser letzter Toast gilt den Klassikern.

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