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Mieten in Berlin für manchen unbezahlbar. Teilnehmer einer Demonstration gegen den "Mietenwahnsinn".

© dpa

Exklusiv

Folge des Berliner Mietendeckels: Wohngeldempfänger müssen niedrigere Miete anzeigen – sonst 2000 Euro Strafe

Ämter müssen wegen des Mietendeckels Wohngeld korrigieren - falls Karlsruhe das Gesetz kippt dann sogar zwei Mal. Was müssen Mieter beachten?

Wer dank Mietendeckel eine geringere Miete zahlt als zuvor und zugleich Wohngeld erhält, muss der zuständigen Verwaltung die geringere Miete melden, damit auch das Wohngeld entsprechend gesenkt wird. Wer die Meldung versäumt, dem droht ein Bußgeld von 2000 Euro.

Noch komplizierter wird es, falls das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe das Berliner Mietenwohngesetz kassiert. Denn dann treten wieder die höheren Mieten nach Bürgerlichem Gesetzbuch in Kraft. Wer Wohngeld bezieht, müsste dann erneut die Ämter anschreiben und um eine erneute Anpassung bitten.

Damit nicht genug: Viele Vermieter kündigten für diesen Fall an, zu wenig gezahlte Mieten zurückzufordern. Der Mieter müsste dann seinerseits einen Antrag auf Auszahlung des (zuvor gekürzten) Teil des Wohngelds stellen für die kurze Zeit der Gültigkeit des Berliner Sondergesetzes zum Einfrieren der Mieten.

Von diesem maximal möglichen Aufwand infolge des Berliner Sonderwegs zur Regulierung des Wohnungsmarktes hat das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Daniel Föst (FDP) berichtet. Föst sagt: „Insgesamt droht viel Bürokratie und die Gefahr, dass die Mietnachzahlungen schneller ins Haus flattern, als das Wohngeld.“

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Das Bundesministerium schreibt: Grundsätzlich sei bei der Berechnung des Wohngeldes die im Vertrag vereinbarte Miete zugrunde zu legen. Das gelte aber nicht mehr, weil das Berliner Gesetz es verbietet, diese anzunehmen, wenn sie die Deckelmiete übersteigt.

Diese sei nun Maßstab für die Bemessung des Wohngeldes. Und „nach Paragraf 27 Absatz 3 Nummer 2 Wohngeldgesetz (WoGG) muss die wohngeldberechtigte Person der Wohngeldbehörde unverzüglich mitteilen, wenn sich die monatliche Miete um mehr als 15 Prozent gegenüber der im Bewilligungsbescheid genannten Miete verringert hat“.

Wie viele Haushalte in Berlin betroffen sind, ist dem Bund nicht bekannt. Der Bund teilte aber mit, wie hoch die Ausgaben sind: „Für das Land Berlin betrugen diese rund 19 Millionen Euro im Jahr 2019 und rund 24 Millionen Euro im Jahr 2020.“

Eine Milliarde Euro kosten die Leistungen für Unterkunft

Die Sozialkosten des Bundes für das Wohnen in Berlin insgesamt sind allerdings deutlich höher und haben im vergangenen Jahr die Milliarden-Grenze überschritten: Der Bund hatte Leistungen für Unterkunft und Heizung nach Paragraf 22 Absatz 1 SGB II an das Land Berlin im Jahr 2019 rund 648 Millionen Euro und im vergangenen Jahr 1,058 Milliarden Euro gezahlt – ein Anstieg von fast

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40 Prozent. Die „Bedarfe für Unterkunft und Heizung“ umfassen etwa Kosten für Umzüge oder die Beschaffung von Wohnungen für junge Erwachsene bis 25 Jahre oder Bezieher von Arbeitslosengeld 2, ebenso Miet- und Energiekostenschulden, aber auch Kosten für Reparaturen bei einer eigenen Wohnung, sofern der Eigentümer in eine Notlage geriet und seinen Wohnraum sonst verlieren würde.

Wohngeld steigt mit den Mieten

Das Wohngeld selbst wird „dynamisch“ angepasst an die Entwicklung der Mieten und der Kosten für Heizung, teilt der Bund weiter mit. Dies gelte auch für die Kosten in Berlin.

„Für Wohngeldbeziehende kann sich der Mietendeckel als vergiftetes Geschenk erweisen. Mietabsenkungen müssen unverzüglich gemeldet werden, ansonsten droht ein saftiges Bußgeld. Wenn der Mietendeckel gekippt wird, muss dies auch wieder gemeldet werden“, bilanziert Bundestagsabgeordneter Daniel Föst. Berlin trage das „ideologische Experiment“ Mietendeckel „auf dem Rücken der Schwächsten aus“. Ralf Schönball

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