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Luxemburg-Frage: Tote Rosa lässt Forschern keine Ruhe

Das Rätsel um den Torso, bei dem es sich möglicherweise um die Leiche von Rosa Luxemburg handeln soll, wird zum persönlichen Streit unter Wissenschaftlern.

Von Fatina Keilani

Das Rätsel um den Torso, bei dem es sich um die Leiche von Rosa Luxemburg handeln könnte, hat jetzt zum persönlichen Streit unter Wissenschaftlern geführt. Hat sich Michael Tsokos, der Leiter der Berliner Rechtsmedizin, verrannt? Geht es ihm nur um Aufmerksamkeit? So klang es gestern, als die Rosa-Luxemburg-Stiftung das Buch „Rosa Luxemburgs Tod. Dokumente und Kommentare“ vorstellte. Die Autoren sind überzeugt, dass die Frauenleiche, die am 31. Mai 1919 aus dem Landwehrkanal gezogen und am 13. Juni 1919 in Friedrichsfelde beerdigt wurde, Rosa Luxemburg war. In ihrem Buch tragen sie bisher unveröffentlichtes Material zusammen, das man so interpretieren kann. Einen Beweis haben sie nicht.

Einen Beweis hat auch Michael Tsokos nicht, dass die Wasserleiche aus dem Keller seines Instituts Rosa Luxemburg ist, aber er hält es für wahrscheinlich und will es herausfinden. Zwei der Autoren des Buches, Klaus Gietinger und Annelies Laschitza, halfen ihm dabei zunächst. „Wir wurden zur Verschwiegenheit verpflichtet, das ist in der Wissenschaft völlig korrekt so“, sagte Laschitza. Sie habe Tsokos bei der Suche nach DNA-Material unterstützt und den Kontakt zu einem Luxemburg-Neffen in Vilnius hergestellt. Ein Gespräch, zu dem sie Ende 2008 mit Tsokos verabredet gewesen sei, habe dieser abgesagt. Plötzlich sei Tsokos an die Presse gegangen.

Ganz besonders erregt dies seinen Vorgänger im Amt, Volkmar Schneider. Er wirft Tsokos in einem Beitrag zu dem neuen Buch „unwissenschaftliches Vorgehen“ und Gier nach Aufmerksamkeit vor. Er will ein paar Dinge klarstellen: „Erstens: Tsokos hat die Leiche nicht entdeckt. Zweitens: Er hat keine wissenschaftlichen Ergebnisse mitgeteilt. Und drittens: Dass er den Obduzenten von 1919 Fälschung vorwirft, ist das Schlimmste, was man einem Gerichtsmediziner antun kann.“ Er selbst, Schneider, habe schon das Gerücht gekannt, dass es sich um Luxemburgs Leiche handeln könnte. Er habe DNA-Analysen veranlasst, aber es habe kein Erbmaterial isoliert werden können. Schneider hatte das Institut und damit auch die Leiche als Teil einer Sammlung 2003 übernommen. Er wollte nicht alle Exponate behalten – etwa ein Drittel sollte vernichtet werden.

„Das hat er auch gemacht, obwohl er es gar nicht durfte“, kontert Tsokos. Schneider habe Exponate zerstört, indem er sie verbrennen ließ, und nicht einmal die nötige Erlaubnis dafür eingeholt. „Das stimmt nicht“, sagt hingegen Schneider: „Eine Erlaubnis brauchte ich nicht.“

Und, so Tsokos: Es sei Schneider gewesen, der die Klärung der Luxemburg- Frage verhindert habe. „Er hat Irene Borde erklärt, ich sei ein Schaumschläger“, so Tsokos. Deshalb habe die in Israel lebende Großnichte der Revolutionärin ihr Einverständnis zurückgezogen, Luxemburgs Eltern für eine DNA-Probe zu exhumieren. „Das ist eine Lüge!“, so Schneider. „Ich wusste nichts von den Gräbern und habe Frau Borde nicht beeinflusst.“ Den Vorwurf, er lege seine Ergebnisse nicht offen, weist Tsokos zurück. Er stellte dem Tagesspiegel die Ergebnisse der von ihm in Auftrag gegebenen Untersuchungen zur Verfügung – und den Obduktionsbericht von 1919. Sie stehen im Internet. Fatina Keilani

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