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Berlin: Strieder am Ziel: Momper will ihn als SPD-Parteichef

BERLIN .Nach der Urwahl Walter Mompers zum Spitzenkandidaten der SPD hat die Spitze der Partei Konsequenzen gezogen.

BERLIN .Nach der Urwahl Walter Mompers zum Spitzenkandidaten der SPD hat die Spitze der Partei Konsequenzen gezogen.Parteichef Detlef Dzembritzki wie auch Landesgeschäftsführer Norbert Meisner erklärten ihren Rückritt.Als Nachfolger für den Landesvorsitz hat Momper den Stadtentwicklungssenator Peter Strieder vorgeschlagen.Das Amt des Landesgeschäftsführers soll der Weddinger SPD-Kreisvorsitzende Ralf Wieland übernehmen.Während sich Dzembritzki mit sofortiger Wirkung zurückzog, will Meisner die Geschäfte bis zum Parteitag am 20.Februar kommissarisch weiterführen.Die Spitze hatte sich in dem innerparteilichen Wettstreit hinter den unterlegenen Fraktionschef Klaus Böger gestellt.

Der seit langem in der Partei wegen seiner Führungsschwäche umstrittene Dzembritzki begründete seinen Rückzug mit den vermeintlichen atmosphärischen Störungen zwischen ihm und Momper."Allein der Verdacht, daß das Verhältnis zwischen dem Landesvorsitzenden und dem Spitzenkandidaten nicht vertrauensvoll ist, würde zu Spekulationen Anlaß geben und die Geschlossenheit gefährden", sagte Dzembritzki am Vormittag im Anschluß an die Sitzung des geschäftsführenden Landesvorstandes.Er selbst schlug zunächst Momper für das Amt des Landesvorsitzenden vor, "um die Schlagkraft und die Eindeutigkeit der Politik der SPD zu erhöhen".Der Bundestagsabgeordnete Dzembritzki wurde zuletzt im Juni von einem Parteitag im dritten Wahlgang und mit hauchdünner Mehrheit im Amt bestätigt.Rücktrittsaufforderungen begegnete er stets mit dem Hinweis, er sei bis zum Jahr 2000 gewählt und sehe keinen Grund, früher aus dem Amt zu scheiden.Die stellvertretende Landesvorsitzende und Strieder-Ehefrau Monika Buttgereit, die sich ebenfalls für Böger engagierte, sah gestern zunächst "keinen Grund", sich aus der Parteispitze zurückzuziehen.

Im Vorfeld der Sitzung des Landesausschusses am späten Nachmittag hatte sich Momper mit seinen Vertrauten beraten und Peter Strieder für die Parteispitze vorgeschlagen.Wie es hieß, habe selbst Momper nicht mit derart schnellen Konsequenzen an der Parteispitze gerechnet und war demzufolge strategisch unvorbereitet.Zudem steht Momper vor der privaten Aufgabe, eine personelle Geschäftsführer-Lösung für seine Projektgesellschaft zu finden.Strieder hatte seit langem keinen Hehl daraus gemacht, die Partei lenken und die nach seinen Worten notwendige "mentale Renovierung" in der Stadt voranbringen zu wollen.Als einziger der fünf Senatoren hatte er sich nicht auf die Seite Bögers gestellt und war in der Urwahl-Auseinandersetzung nach außen neutral geblieben.Und das, obwohl dem einstigen Parteilinken aus strategischen Gründen eher Sympathien für Momper als für Böger zugetraut wurden.Ein Triumvirat aus dem Spitzenkandidaten Momper, Fraktionschef Böger und einem Landesvorsitzenden Strieder wird in der SPD als erfolgversprechendes Personaltableau bezeichnet.

SPD-Fraktion will sich in Geschlossenheit üben

Die meisten Parlamentarier und Senatoren wollten Momper nicht - nun ist Loyalität angesagt

In der SPD-Fraktion sind seit gestern nach außen alle Weichen auf Geschlossenheit und Zusammenarbeit mit Walter Momper gestellt.Die große Mehrheit der Fraktion und vier der fünf SPD-Senatoren hatten sich in der Urwahl mit Nachdruck für den Fraktionsvorsitzenden Klaus Böger eingesetzt.Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion, Petra Merkel, sieht durch die neue Gemengelage für die weitere Arbeit in der Großen Koalition keine Probleme.Auch mit Walter Momper werde die SPD an den anstehenden Problemen - wie der Krankenhausplanung, der Teilprivatisierung der Wasserbetriebe und der BVG - weiterarbeiten.Momper wie auch Böger hätten sich stets für Strukturveränderungen eingesetzt, demzufolge werde von dem eingeschlagenen Weg nicht abgewichen.Auch sehe sie in dem einstigen Momper-Vorstoß zugunsten betriebsbedingter Kündigungen keinen akuten Konfliktstoff, da Momper mit dieser Haltung schon seit langem nicht mehr in die Öffentlichkeit gegangen sei.

Wie sich das - zum Großteil nicht vorhandene - Verhältnis zwischen Momper und den Protagonisten und Böger-Freunden in der SPD-Fraktion entwickeln wird, ist unklar.In der Fraktion wird seit Sonntag abend beharrlich die nun notwendige Geschlossenheit betont, um einen Erfolg bei den Abgeordnetenhauswahlen im Oktober nicht zu gefährden.Problematisch könne es allerdings nur werden, wenn Momper den Versuch unternehme, sich alles aneignen zu wollen, heißt es in der Fraktion.Jedoch setze man dabei ganz auf Fraktionschef Klaus Böger, der neben allen Lippenbekenntnissen gegenüber Momper auch in der Praxis höchst loyal sein wolle.

Loyalität wird auch von den SPD-Senatoren erwartet, die sich mit Ausnahme von Peter Strieder zu Böger bekannten.Während Schulsenatorin Ingrid Stahmer keine Chancen auf eine weitere Amtszeit eingeräumt werden, darf sich Finanzsenatorin und Bürgermeisterin Annette Fugmann-Heesing durchaus Chancen auf eine weitere Legislaturperiode machen.Fugmann-Heesings Konsolidierungskurs wird von Momper unterstützt, obwohl dieser bei der Privatisierungspolitik sich eine noch härtere Gangart durchaus vorstellen könnte.Auch scheint es schwer vorstellbar, daß Momper in einem rot-grünen Senat auf ein von der SPD-geführtes Querschnittsressort Finanzen verzichten wird.Kein konkreten Aussagen gibt es derweil zu den Senatoren Gabriele Schöttler (Arbeit/Frauen) und Ehrhart Körting (Justiz).Schöttler verfügt über den doppelten Frau/Ost-Bonus und ist überdies frisch im Amt.Körtings Justiz-Ressort gilt hingegen als Wunsch der grünen Fraktionschefin Renate Künast. AX

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