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Verdi-Landeschefin: „Der Senat versucht, Probleme durch Wegschauen zu lösen“

Warum wurde so kurzfristig gestreikt? Verdi-Chefin Susanne Stumphusen zu den Forderungen für die BVG und über die Gefahr eines weiteren Arbeitskampfes im öffentlichen Dienst.

Frau Stumpenhusen, Anfang der Woche verkündete Verdi, man wolle mit einem BVG-Streik die Bürger zunächst nicht zu sehr belasten. Jetzt wird mit einem ganz kurzfristig angekündigten, mehr als eintägigen Streik zum fast stärksten Mittel gegriffen, das die Bürger sehr wohl beeinträchtigt. Wer soll das verstehen?

Niemand hat damit gerechnet, dass die Arbeitgeberseite einen derartigen Vorstoß plante.

Warum ist das Angebot der Arbeitgeber für Sie so inakzeptabel? Es bietet immerhin Einkommensverbesserungen von sechs Prozent für die Neubeschäftigten.

Diese soll es ja nur für einen geringen Teil der Beschäftigten geben, 95 Prozent der BVG-Mitarbeiter gehen nach diesem Angebot leer aus. Auf die Forderungen von Verdi – zwölf Prozent mehr, mindestens jedoch 250 Euro pro Monat und eine Vertragslaufzeit von zwölf Monaten – ist die Arbeitgeberseite überhaupt nicht eingegangen. Das ist eine gewaltige Provokation, die gesessen hat. Daher haben die zuständigen Gewerkschaftsgremien beschlossen, sofort zu handeln. Dieser Warnstreik ist ein außergewöhnlicher Schritt, der in dieser außergewöhnlichen Situation notwendig war. Die Beschäftigten wehren sich, weil sie es ernst meinen und sich nicht so behandeln lassen.

In der Tarifverhandlung kämpft Verdi von Beginn an mit harten Bandagen und einer hohen Forderung. Ist so ein Vorgehen gerechtfertigt?

Die BVGer haben in den vergangenen Jahren deutliche Lohneinbußen hinnehmen müssen. Jetzt sind auch sie mal wieder an der Reihe, ihre ohnehin nicht hohen Einkommen müssen angehoben werden. Gute Arbeit muss auch angemessen bezahlt werden.

Werden Sie bei dieser harten Gangart bleiben? Was hat die Stadt zu erwarten?

Wir hoffen natürlich, dass es gelingt, den sich zuspitzenden Konflikt so schnell wie möglich zu entschärfen. Jetzt ist die Arbeitgeberseite am Zug. Wir sind dazu bereit, sofort die Verhandlungen fortzuführen, wenn sich eine Perspektive abzeichnet und die Arbeitgeber ein Angebot unterbreiten, das Einkommensverbesserungen für alle Beschäftigten beinhaltet.

Immerhin haben die Beschäftigten einen sicheren Arbeitsplatz bis 2020. Berücksichtigen Sie das gar nicht?

Auf der anderen Seite ist das Unternehmen auch auf die Arbeit von qualifizierten und motivierten Beschäftigten angewiesen. Es ist nur gerecht, dass sie ein Einkommen erhalten, von dem sie auch angemessen leben können.

Sie haben Tarifkonflikte ja nicht nur bei der BVG, sondern auch bei den Landesbeschäftigten. Muss sich da nicht der Eindruck aufdrängen, dass Sie bei der BVG so hart sind, weil Ihnen beim öffentlichen Dienst solche Druckmittel fehlen?

Auch im öffentlichen Dienst gibt es viele Bereiche wie Kitas, Ordnungsämter, Meldestellen, Grünflächenämter, die sofort streikbereit wären. Unser Ziel ist es aber nicht zu streiken, sondern einvernehmliche Lösungen mit der Arbeitgeberseite zu erarbeiten. Wir erleben im Augenblick, dass sich die Tarifkonflikte in Berlin häufen.

Woran liegt das?

Das ist einmal dem Zufall geschuldet, ist aber auch ein Zeichen dafür, dass der Senat versucht, durch Ignorieren und Wegschauen die Probleme aus der Welt zu schaffen. Das funktioniert natürlich nicht. Wir waren zum Beispiel bereit, für die Beschäftigten des Senats und der Bezirksämter über Einmalzahlungen zu reden. Eine derartige Lösung wäre ein Zeichen des guten Willens gewesen und hätte die Personaletats nicht auf Dauer zusätzlich belastet. Wenn der Senat gehandelt hätte, wäre zum Beispiel dieser Konflikt längst bereinigt. Wir befürchten, dass der Konfliktstau den Senat arg in Bedrängnis bringen wird.

Das Interview führte Sigrid Kneist

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