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Berlin: Sensationelle Pfannkuchen

Ein voller Bauch studiert nicht gern? Das vergnügliche Blättern in den neuen Jahrbüchern der Heimatvereine von Steglitz und Zehlendorf verhilft dem Leser eher zum verstärkten Wohlgefühl nach einem Festessen.

Ein voller Bauch studiert nicht gern? Das vergnügliche Blättern in den neuen Jahrbüchern der Heimatvereine von Steglitz und Zehlendorf verhilft dem Leser eher zum verstärkten Wohlgefühl nach einem Festessen. Rückblicke in die 40er Jahre erscheinen heute schon wie Märchenerzählungen.

1947 schrieb beispielsweise "Fredi" seinen Eltern aus einem Zeltlager auf der Pfaueninsel von dem sensationellen Speiseplan: "Zum Kaffee 5 Stullen Weißbrot mit Nussbutter und Tomatensaft", schwärmte er. Und auch zum Jahreswechsel 1948/49 war in den Westsektoren "Fettlebe" angesagt. Erstmals seit Kriegsbeginn, heißt es in einer kulinarischen Zeitreise durch die Geschichte der Bäcker-Innung, gab es wieder die traditionellen Pfannkuchen. Dafür wurde eine Ausnahmegenehmigung erteilt. Auch ohne daunengefütterte Anoraks und Snowboots hatten die Kinder auf der Rodelbahn am Insulaner einen Riesenspaß. Als zwei Schulfreunde im Januar 1959 auf dem Steglitzer Insulaner bibbernd durch den Schnee stapfen, liegt am Wegesrand noch eine kleine Tannenschonung. Inzwischen ist der Trümmerberg fast zugewachsen und zum Rodeln viel weniger Platz.

Solche Anekdötchen der Großeltern können für die Enkel zum Geschichtsunterricht werden. Private Aufnahmen ergänzen historische Abbildungen aus den Archiven. Die persönlichen Erinnerungen machen neben fachkundigen Vorstellungen angesehener Institutionen, wie etwa des Botanischen Museums und seiner Forschungsarbeiten, den Reiz der bunten Broschüren aus. Im Domizil des Zehlendorfer Heimatvereins verfolgt eine bis Ende Februar laufende Ausstellung die Entwicklung des Seidenbaus in Preußen, die hier im früheren Schulhaus vor 200 Jahren von dem Schullehrer und Küster Ernst Ferdinand Schäde mit anerkannten Zuchtergebnissen vorangetrieben wurde. Ein kurzer Abriss im Jahrbuch illustriert die komplizierte Produktion mit alten Stichen. Schon rufen die fleißigen Heimatvereine wieder zur Mitarbeit der Bewohner auf.

Finanziert werden die Jahrbücher durch Inserate der Geschäftsleute, deren Betriebe häufig eng mit der Familien- und Heimatgeschichte verbunden sind. Der Untertitel, Altes und Neues von Menschen, Landschaften und Bauwerken, deutet die Fortsetzung an, und bietet damit ein Forum für die Bürgerwünsche im südwestlichen Doppelbezirk. Da setzt sich ein heimatverbundener Steglitzer nach seiner detaillierten Chronik der ersten elektrischen Straßenbahn der Welt für eine "Stätte der Erinnerung" in Lichterfelde ein. Und in Zehlendorf wird für die Erhaltung des Ladiusmarktes und gegen die private Bestimmung über den schönen Bahnhof Mexikoplatz plädiert.

Eva Stern

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