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Justitia, die Göttin der Gerichtsbarkeit.

© dpa/David-Wolfgang Ebener

Rund 175.000 Euro für sich behalten: Beamter auf Probe leitet in Berliner Bezirksamt Geld aufs eigene Konto

Ein ehemaliger Bezirksamt-Mitarbeiter hat in 103 Fällen Leistungen veruntreut. Ein Gericht verurteilte ihn am Dienstag zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren.

Der Beamte auf Probe, der für Anträge Bedürftiger zuständig war, stockte seine eigenen Bezüge kriminell auf: Insgesamt 175.092 hatte sich Sven Q. auf private Konten überwiesen. Zweieinhalb Jahre lief der Schwindel während seiner Tätigkeit in einem Sozialamt.

Das ergibt im Schnitt rund 6000 Euro monatlich zusätzlich, die er für Reisen und Luxus-Güter verprasste. Vor dem Amtsgericht Tiergarten sprach Sven Q. am Dienstag von einem großen Fehler, den er zutiefst bereue. Auf Bewährung hoffte er. Es kam anders.

„Ein klares Zeichen muss und soll gesetzt werden“, sagte der Vorsitzende Richter. Zwei Jahre und sechs Monate Haft ergingen gegen den 45-jährigen Angeklagten. Zudem wurde die Einziehung des erlangten Wertes angeordnet. Er habe sich der Untreue in 103 Fällen schuldig gemacht. Es habe sich um besonders schwere Fälle gehandelt.

Weil Sven Q. seine Amtsstellung ausgenutzt und gewerbsmäßig gehandelt habe. Nicht ausgereifte Zwar Kontrollmechanismen hätten es ihm leicht gemacht. „Doch der Staat muss sich auf die Zuverlässigkeit seiner Bediensteten verlassen können“, so der Richter.

Der Angeklagte arbeitete im Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg. Er bearbeitete Anträge von Menschen mit Behinderung, prüfte, berechnete gewährte Hilfen und war für die Anweisung der Auszahlungen zuständig. Seine Befugnis reichte bis 5000 Euro.

Der Ex-Beamte gibt keine klare Erklärung für seine Taten ab

Im Juli 2018 begann er laut Anklage mit kriminellen Überweisungen. Er habe Akten von Leistungsempfängern so manipuliert, „dass er kurzzeitig die Kontonummer des Empfängers in seine eigene umänderte“. Er habe dann „rückwirkende Zahlungen für tatsächlich nicht bestehende Bedarfe veranlasst“.

Sven Q. hörte die Anklage mit gesenktem Kopf. „Ich bereue zutiefst, bis heute kann ich nicht erklären, warum ich es getan habe“, sagte er. „Ich bin in ein schwarzes Loch gefallen, funktioniere nur noch.“ Er hatte sich die Stellung im öffentlichen Dienst hart erarbeitet. Nach einer kaufmännischen Lehre war er zur Bundeswehr gegangen, studierte dann Verwaltungswirtschaft, begann schließlich im Amt für Soziales.

Durch das System war es möglich.

Sven Q., ehemaliger Bezirksamts-Mitarbeiter und Angeklagter

Wie er auf die Idee gekommen ist, Geld abzuzweigen? Warum er seine Karriere aufs Spiel setzte? Klare Worte fand der Ex-Beamte auf Probe nicht. „Ich wusste, dass nur ein geringer Teil der Akten geprüft wird“, sagte er. „Durch das System war es möglich. Erst eine Hemmschwelle bei mir, dann dachte ich: probier es! Dann doch wieder Angst.“

Er sei seit Jahren verschuldet – „genaue Zahlen kann ich gar nicht sagen“. Zudem leide er unter psychischen Problemen - „manchmal habe ich nur funktioniert“. In Behandlung habe er sich während seiner Zeit im Amt allerdings nicht begeben.

Der Staatsanwalt forderte drei Jahre Gefängnis. Der Verteidiger plädierte auf eine Strafe auf Bewährung: „Was hat die Gesellschaft davon, wenn er im Knast sitzt?“ Sinnvoller als Haft wäre gemeinnützige Arbeit für den Angeklagten – „so könnte er den Schaden abtragen“. Sein Mandant habe sich durch die Taten sein Leben „zumindest für eine gewisse Zeit ruiniert“. Die Stellung als Beamter auf Probe ist weg, er ist hoch verschuldet.

Bewährung aber kam aus Sicht des Gerichts nicht in Betracht – auch aus generalpräventiven Gründen. Der damalige Beamte auf Probe habe ohne wirtschaftliche Not und mit krimineller Energie gehandelt. Er habe einen hohen Schaden verursacht und das erlangte Geld für Luxusausgaben verprasst. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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