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Jugend-Gangs: Im Gerichtssaal verhaftet

Trotz des Prozesses um den tödlichen Streit unter Gangs soll es zu einem Rachefeldzug gekommen sein. Dabei hatte der Ärger mit einem harmlosen Schneeball im vergangenen Dezember angefangen.

Sie schlugen sich, bis einer von ihnen, der 17-jährige Cavit H., tot auf den Fliesen des U-Bahnhofs Wittenau lag. Gemeinsam stehen sie seit drei Wochen vor Gericht: Jugendliche der Gruppe „Tegel-Süd“ (TGS) und der Gruppe „Märkisches Viertel“ (MV). Trotzdem sollen sieben der ursprünglich 20 Angeklagten wieder zugeschlagen haben. Es könnte Rache gewesen sein, unverfroren, dreist. Die mutmaßlichen Angreifer gehören zur MV-Clique, das 21-jährige Opfer sitzt auf der Seite von TGS auf der Anklagebank.

Eine Wunde am Hinterkopf, Blessuren im Gesicht. Auf dem Rücken von Arthur T. sollen sich zudem Striemen abzeichnen. Er sah sich vorsichtig um, als er am Mittwoch in den Gerichtssaal ging. Am Montag wurde er von einer Gruppe von Jugendlichen angegriffen. Vor dem Richter identifizierte er die mutmaßlichen Täter. Er zeigte auf sieben Mitangeklagte. Sie sollen ihn auf dem U-Bahnhof Holzhauser Straße in Tegel attackiert haben. Einer benutzte einen Teleskopstock, ein anderer Quarzhandschuhe.

Nur einer der Angeklagten saß in Untersuchungshaft: Maik R. (Name geändert) von „Tegel Süd“, 15 Jahre alt und der Hauptbeschuldigte. Er soll bei der Prügelei am 11. Dezember auf einen Kontrahenten eingestochen haben. Ihm wird Totschlag vorgeworfen, den anderen Beteiligung an einer Schlägerei.

Es war gegen 11.20 Uhr, als eine Justizmitarbeiterin gestern einen Stapel roter Haftbefehle in den Saal 500 brachte. Verdunkelungsgefahr sahen die Richter. Es bestehe der Verdacht, dass die sieben Angeklagten Einfluss auf Arthur T. nehmen wollten. Auch von einer möglichen Signalwirkung auf andere Beschuldigte sei bei der Begründung der Inhaftierung die Rede gewesen, hieß es am Rande des nicht öffentlichen Prozesses. An der erneuten Gewalt zwischen den Gruppen soll auch der 16-jährige Bruder des Getöteten beteiligt gewesen sein.

Mit einem harmlosen Schneeball fing es im vergangenen Dezember an. Er flog den Ermittlungen zufolge durch ein angekipptes Fenster eines Linienbusses und traf Jugendliche vom „Märkischen Viertel“. Bereits am Nachmittag kam es zu einer Rangelei, die ein Passant jedoch durch energisches Auftreten beenden konnte. Ruhe aber gaben die Gruppen nicht. Gegen 21.15 Uhr trafen sie sich, um „die Angelegenheit endgültig zu klären“.

18 Schüler, zwei Lehrlinge. 15 bis 21 Jahre alt sind die Angeklagten. Viele wirken jünger, sind eher schmächtig. In der Gruppe aber fühlen sie sich offensichtlich stark. Arthur T. soll im Prozess als erster ausgesagt haben. Er gab zu, mitgegangen zu sein. Drei der Angeklagten erhielten für ihre Beteiligung ein schnelles Urteil und kamen mit einer Verwarnung davon. Der tödliche Messerstich war aus Sicht der Staatsanwalt eine „Exzesstat im Rahmen einer Schlägerei“. Die beiden Gruppen seien ansonsten nicht durch kriminelles Verhalten aufgefallen. Doch nun der Angriff auf T., mutmaßlich von Mitgliedern einer gegnerischen Clique begangen, die sich nicht einmal durch einen laufenden Prozess bremsen ließen. Der Prozess geht Montag weiter.

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