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Blick auf eines der Gebäude vom Krankenhaus-Maßregelvollzug.

© picture alliance/dpa/Jörg Carstensen

Update

Maßregelvollzug, Ämter für Flüchtlinge: Personalrat warnt vor Massenkündigungen in Berliner Behörden

Ob Maßregelvollzug, Flüchtlingsamt oder Gebäudebewirtschaftung: Die Vertretung der Beschäftigten fürchtet, dass mehr Kollegen die Behörden verlassen, als neu gewonnen werden.

| Update:

Der Streit um die Personalnot in Berlins besonders heiklen Behörden droht zu eskalieren. Massenkündigungen sind offenbar nicht ausgeschlossen – der Hauptpersonalrat richtete dazu schon vergangene Woche einen vierseitigen Brandbrief an den Senat. Das Schreiben liegt dem Tagesspiegel seit Dienstag vor.

„Das Krankenhaus des Maßregelvollzugs (KMV) muss seit Jahren mit einer dramatischen Personalunterausstattung leben“, schreiben die Beschäftigtenvertreter. Die Arbeit mit den Insassen, also psychisch kranken Straftätern sowie Verurteilten mit einem Hang zur Sucht, gilt als belastend: „Von ihnen geht nicht selten eine Gefahr für das Personal des KMV aus“, heißt es in dem Schreiben, zumal die Einrichtung „chronisch überbelegt“ sei.

Der „Masterplan KMV 2040“, der nötige Sanierungen und einzurichtende Zusatzbauten beinhaltet, helfe da kaum: Schon die Jahreszahl 2040 mache deutlich, dass es sich eben „nicht um schnelle Maßnahmen“ handle. In der zuständigen Senatsgesundheitsverwaltung seien formal 2,7 Vollzeitstellen für das KMV zuständig, also die sogenannte Fachaufsicht. Tatsächlich besetzt seien nur 1,2 Vollzeitstellen.

96
Pflegekräfte fehlen im Krankenhaus des Maßregelvollzugs.

Im Maßregelvollzug selbst sind von 610 Planstellen derzeit 497 besetzt, es fehlen sieben Ärzte und 96 Pflegekräfte. Das KMV beherbergt seit Monaten im Schnitt circa 600 stationäre Patienten, wobei einst nur 541 Betten vorgesehen und genehmigt worden sind.

Kai Wegner (CDU) machte am Dienstag deutlich, er kenne den Brief nicht. Der Senatschef verwies aber auf das kürzlich vorgestellte „Personalentwicklungsprogramm 2030“, wonach Berlins öffentlicher Dienst etwaige „Wettbewerbsnachteile“ gegenüber privaten Unternehmen und dem Bund beseitigten wolle.

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Die Verwaltung von Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD) teilte mit, man habe kürzlich zwölf neue Plätze im Krankenhaus des Maßregelvollzugs belegen können. Die Mittel für Sanierung und Ausbau steigen „vorbehaltlich des Haushaltsbeschlusses“ des Abgeordnetenhauses von 67,7 Millionen Euro 2023 auf 83,3 Millionen Euro 2024 und auf 89,2 Millionen Euro 2025. Zudem arbeite die KMV-Spitze an „flexibleren Personalkonzepten“.

Es können nicht so viele Menschen eingestellt werden, wie die Behörde verlassen

Aus dem Schreiben des Hauptpersonalrats an den Senat

In dem Schreiben geht es auch um andere Einrichtungen. Zum Landesamt für Einwanderung schreiben die Personalvertreter: „Es können gar nicht so viele Menschen neu eingestellt werden, wie sie die Behörde verlassen.“ Und auch über das seit Jahren überlastete Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) heißt es, dringend benötigtes Personal könne in dieser Dauerkrise nicht gewonnen werden. Ähnlich sei die Situation im Landesbetrieb für Gebäudebewirtschaftung, der Hauptpersonalrat fordert gar die „Ausrufung eines Beschäftigtennotstandes“.

Insbesondere das Gelände der alten Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik in Reinickendorf, das sich KMV und LAF teilen, sei durch Müll und Gewalt geprägt: „Die Situation wird von den Beschäftigten als sehr bedrohlich und belastend empfunden.“ Zusammenfassend schreibt der Hauptpersonalrat von einem „Kipp-Punkt“, die „Beschäftigten glauben nicht mehr an eine Verbesserung ihrer Situation“: Immer mehr Kollegen verließen den öffentlichen Dienst, offene Stellen könnten nicht besetzt werden.

Wie der Tagesspiegel erfuhr, hatte sich der kommissarische LAF-Präsident Aziz Bozkurt (der SPD-Mann ist zugleich Sozialstaatssekretär) vor zwei Wochen an die Beschäftigten gewandt. In seiner Rundmail heißt es, die Zahl der Flüchtlinge habe sich seit dem Ukraine-Krieg verdoppelt, allein 2022 seien in Unterkünften 10.000 Plätze dazu gekommen. Dennoch sei nicht „mal eine Hand voll mehr Kollegen“ dazugekommen.

„Ich kenne tatsächlich keine staatliche Institution, die auch nur annähernd so viel geleistet hat, wie Sie es täglich tun“, schrieb Bozkurt an die LAF-Mitarbeiter. Immerhin, so der Tenor des Schreibens, sorge man dafür, dass die für die Ukraine-Krise temporär Angestellten auch nächstes Jahr im LAF bleiben könnten. Der Senat ordne zudem Fachkräfte anderer Verwaltungen zum LAF ab. In dem Amt, räumt Staatssekretär Bozkurt ein, hätten sich 1,25 Millionen Überminuten aufgebaut. Es würden „Lösungen zur Abgeltung“ gesucht.

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