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Berlin: Kardinal droht Priestern mit Rauswurf

Kirchentag: Sterzinsky kündigt Verfahren gegen jeden an, der Protestanten zur Kommunion zulässt

Das geplante gemeinsame Abendmahl von Katholiken und Protestanten beim ersten ökumenischen Kirchentag erregt den Zorn des Berliner Erzbischofs. Ein Disziplinarverfahren droht Kardinal Georg Sterzinsky allen Priestern an, die sich offen gegen die Direktive „kein gemeinsames Abendmahl“ stellen. Unterdessen hält die evangelische Kirchengemeinde Prenzlauer Berg-Nord an ihren Plänen fest. Sie will während des Kirchentages vom 28. Mai bis 1. Juni einen katholischen Pfarrer zur Feier eines Gottesdienstes in die Gethsemanekirche einzuladen. Dabei sollen Christen aller Konfessionen zur Kommunion zugelassen werden.

Wer dieser katholische Pfarrer sein wird, bleibt bis zuletzt geheim – aus gutem Grund. Denn ihm drohen schwere kirchenrechtliche Strafen, laut Sterzinsky „bis zur Amtsenthebung“. Darum, so Pfarrer Heinz-Otto Seidenschnur von der evanglischen Gemeinde in Prenzlauer Berg, wird der Name erst im Gottesdienst bekannt gemacht. Der katholischen Amtskirche soll so die Möglichkeit genommen werden, einen nicht linientreuen Priester vorab zu belangen. Nach vatikanischem Kirchenrecht ist es nicht erlaubt, Protestanten die Kommunion zu gewähren, weil diese die Autorität des Papstes nicht anerkennen. In einem ökumenischen Gottesdienst eine Wandlung nach katholischer Liturgie zu feiern und dann alle zum Abendmahl zuzulassen, ist noch weniger legitim.

Auch der evangelische Bischof Wolfgang Huber will den ökumenischen Frieden nicht gefährden. Schon im Herbst hatte er angekündigt, der Gemeindeleitung ihre Pläne ausreden zu wollen. Bislang, so Pfarrer Seidenschnur, sei aber nichts passiert. Allerdings soll Hubers Stellvertreter Karl-Heinz Lütcke zu einer Sondersitzung des Gemeindekirchenrats kommen. Dass das Gremium dabei von seinem früheren einstimmigen Beschluss abrücken wird, ist aber sehr unwahrscheinlich. Auch Seidenschnur steht nach wie vor zu der Initiative: „Geber und Gabe des Abendmahls ist Jesus Christus allein, der sich nicht in Konfessionen pressen lässt.“

Ausgerechnet die Kirchengemeinde Prenzlauer Berg-Nord muss sich nun gegen Vorwürfe wehren, durch ihr Vorpreschen ökumenische Initiativen zu unterminieren. Seit Jahren pflegt sie eine enge Gemeinschaft mit den katholischen Nachbargemeinden. Bei der Martinsfeier im Herbst waren hunderte evangelische und katholische Kinder dabei, das ökumenische Straßenfest im Sommer war ein voller Erfolg. Seidenschnur bestätigt, dass ein gemeinsames Abendmahl in vielen Gemeinden schon lange Praxis sei, nur die explizite Einladung dazu „ist der Affront“.

Auch wenn sich Huber und Sterzinsky gestern bei der Pressekonferenz zum Kirchentag um eine gemeinsame Sprache bemühten: Es geht hier um ein katholisches Problem. Dass bei einem weiteren Gottesdienst in der Gethsemanekirche Katholiken zum evangelischen Abendmahl eingeladen sind, regt bei den Protestanten niemanden auf. Nur ins offizielle Kirchentags-Programm wurde er nicht aufgenommen – um des lieben Friedens willen.

Jörg-Peter Rau

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