zum Hauptinhalt
Latex-Erfahrung. Natasha Poly erklärte einen Partnerlook mit Auto. Foto: promo

© Nass / Brauer Photos fuer Merced

Nach den Schauen kommt das Shoppen. Die Modewoche wirkt weit ins Jahr hinein.: Kalorien und Klamotten

Beim Marketing hilft Champagner, aber auch die Ideen müssen stimmen. Ein Auto in Latex einpacken? Warum nicht. Ein Bummel über die Fashion Week.

Mode funktioniert nicht ohne Tabubrüche. Das zeigte das Poster der ausgehenden Fashion Week am allerbesten. Im temporären Modebau am Brandenburger Tor erzählte Mercedes-Manager Wolfgang Schattling am Donnerstag, wie es zustande kam. Die japanische „Königin des Latex“, Atsuko Kudo, hatte immer nur Menschen in den knalleng anliegenden Fetisch-Stoff verpackt. Zusammen mit Filmemacher Jeff Bark und Top Model Natasha Poly traf sie sich in einer verstaubten Lagerhalle am Rande eines mit Krokodilen gut gefüllten Sumpfes in Miami, um den Mercedes SL, beliebt seit 1954 und aufgetreten schon in mehr als 150 Filmen und Serien, unter dem Motto „Obsession with an Icon“ in Latex zu verpacken. Passend dazu bekam auch das Model eine Robe in Royalblau mit oberarmlangen Handschuhen verpasst. Das Vakuumieren des Latex-Autos war eine Zitterpartie, weil dabei manches kaputt gehen kann. Das Auto hielt während der Foto-Sitzung aber tapfer durch. Der Effekt war ganz simpel und trotzdem für den Filmemacher ein Grund zum Erröten: „Es sah einfach sexy aus.“ Den gleichen Effekt erzielte übrigens der spanische Jungdesigner Xavi Reyes mit den Spitzendeckchen, die er auf dem Bauernhof seiner Großeltern gefunden hatte. Als Knieschoner bei Jungs bekommen die eine ganz neue Dimension von Erotik. Und tragen sich auch leichter. Das war im Anschluss an die Kampagnenpräsentation das perfekte Kontrastprogramm.

Verpackung mit Ambition

Im Grunde ist Mode nichts weiter als Verpackung mit Ambition. Die Mercedes-Limousinen, die derzeit durch die Berliner Nächte gleiten, darf man sich auch als Verpackung für gut durchdachte Outfits vorstellen. Zur Fashion Night im Borchardt mit dem offenbar mit leichtem Bedauern „in den wohlverdienten Ruhestand“ scheidenden Wolfgang Schattling und Vogue-Chefin Christiane Arp als Gastgeber war unter anderem US-Botschafter John Emerson mit Frau Kimberly und den Töchtern Taylor, Haley und Jackie gekommen.

Kimberly Emerson ist in Berlin zum Fan deutschen Designs geworden, trägt besonders Dorothee Schumacher gern. Ihre Tochter Jackie ist für einige Wochen aus L.A. zu Gast, freilich nicht in Sachen Lifestyle. Hier will sie an einer Dokumentation über Flüchtlinge arbeiten. Auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller unterstützte mit seiner Anwesenheit pflichtgemäß die aufstrebende Modeindustrie. Er blieb zwar ernst, die Gegenwart seiner Tochter aber bereitete ihm aber spürbar Freude.

Fashion Night. Sibel Kekilli, Marie Hein im Borchardt.

© promo/Vogue

Borchardt-Chef Roland Mary mochte sich an die besten Zeiten erinnert fühlen, als das Restaurant das Epizentrum aller Prominenten-Aufläufe war. So glamourös das aus der Perspektive des roten Teppichs wirken mag, man trifft bei solchen Partys auch ursolide, etablierte Modemenschen. Strumpfunternehmer Paul Falke zum Beispiel war aus dem sauerländischen Schmallenberg gekommen und vertieft im Gespräch mit KaDeWe-Marketingchefin Petra Fladenhofer.

Vieles, was bei der Fashion Week den Ausgang nimmt, wirkt im Stadtleben lange nach. Kilian Kerner zeigte seine Kollektion mit stilisierten Vögeln und Kaugummifarben im Hotel Ellington und warb gleichzeitig für die Eröffnung eines eigenen Geschäfts Ende Februar in der Schlüterstraße 50. Das ist ein Status, in dem man es meist geschafft hat. Auch andere arrivierte Marken mussten sich nicht mehr vorstellen, sondern machten eher Lust auf kommende Modeerlebnisse. Zur Schau von Laurèl kommen traditionell auch Berliner Honoratioren wie Isa von Hardenberg und Florian Langenscheidt. Dazu nahmen Natalia Wörner, Sibel Kekilli, Heino Ferch und Franziska Knuppe Platz in den ersten Reihen. Bei dieser Marke weiß jeder, dass man die schönen weißen, aber auch sehr reinigungsaffinen Mäntel demnächst wohl in einschlägigen Geschäften bekommen kann.

Berliner Designer im KaDeWe

Im KaDeWe kann man derzeit im Eingangsfoyer aber auch Sommer- und Frühlingskollektionen von Berliner Designern bekommen, eine vorbildliche Zusammenarbeit mit dem Berliner Salon. Noch bis zum 20. Februar werden die originellen Kreationen der jüngeren Designer-Generation verkauft. Bei der offiziellen Eröffnungsparty am Donnerstag war das Areal für zwei Stunden geladenen Gästen vorbehalten. Die wurden von fachkundigen Verkäuferinnen aber durchaus ermutigt, gleich zuzuschlagen bei glamourösen Abendroben von Talbot und Runhoff, bei Fransenponchos, raffiniert geschnittenen Blusen und beherzten Morgenröcken. Taschen, Schals und Schmuck wurden ebenfalls ausgiebig begutachtet. Champagner ist eben ein gutes Marketingtool, wenn es um Mode geht. Allerdings hat das größte Warenhaus des Kontinents seine Kultur schon seit einiger Zeit umgestellt nach dem pragmatischen Prinzip: Wer gut feiert, kann auch gut shoppen. Die jungen Designer jedenfalls sind glücklich über diesen prominenten Marktplatz und die Unterstützung, die sie erfahren bei dem Versuch, kommerzielle Erfolge einzufahren. Sicher werden es auch viele internationale Berlinale-Gäste in den nächsten Wochen zu schätzen wissen, dass sie hier gleich ein paar tragbare Berlin-Souvenirs eintüten können.

Laurèl. Natalia Wörner, Heino Ferch, M. J. Ferch, Viktoria Lauterbach. Foto: promo

© Getty Images for Laurel

Klar, auch der geplante Umbau war ein Thema und hat dem Haus seit der Ankündigung Anfang der Woche schon viele Reaktionen eingebracht. Der Sorge treuer Stammkunden, ob man am Ende auch noch alles wieder findet, steht der Enthusiasmus der Mode-Avantgarde entgegen. Agentur-Chefin Marie-Louise Berg freut sich über eine weitere Aufwertung Berlins und eines seiner beliebtesten Touristenziele. Vogue-Chefin Christiane Arp äußerte sich ebenfalls begeistert sowohl über die Wahl des Architekten Rem Koolhaas als auch über die Initiative selbst: „In der Liga gibt es kaum einen besseren. Ich finde es toll, dass sich das Haus solchen Chancen gegenüber nicht versperrt.“

Hublot in neuem Gewand

In ihrem aktuellen Berliner Salon im Kronprinzenpalais zeigte Christiane Arp, dass sie selber auch ständig auf der Suche nach neuen Chancen ist. Diesmal hat sie auch hippe Genussmittel-Designer eingeladen. Fräulein Brösel mit ihrem „Schnapserwachen“ zum Beispiel, außerdem eine Produzentin Preußischen Whiskeys, dazu Parfümeure und Hersteller von Schminkartikeln. Die Schönheitsbranche lässt in Berlin ganz offensichtlich die Säume raus und weitet sich aus. Kalorien und Klamotten müssen sich gar nicht beißen. Am Rande des Salons erzählte Dawid Tomaszewski, dass er davon träumt, mit dem Luxusuhrenhersteller Hublot eine Uhr zu entwickeln. Wie praktisch, dass das Schweizer Unternehmen gerade ein Geschäft am Kurfürstendamm 56 wieder eröffnet.

Demnächst im eigenen Laden. Kilian Kerner zeigte seine tragbaren Modelle im Hotel Ellington. Dieser Anblick muss nicht einmalig bleiben. Demnächst wird er mit seinen Kollektionen in der Schlüterstraße ständig präsent sein. Foto: promo

© Getty Images for Kilian Kerner

Auch die italienische Luxusmarke Versace hat sich in dieser Woche mit einer glamourösen Eröffnungsparty nach zehn Jahren Abwesenheit auf dem Kurfürstendamm 194 zurück gemeldet. Porsche Design hat schon einen Laden, hatte aber in die kultige Bar Tausend geladen, um seine neue Kollektion zu zeigen. Das Fashion Design Team rund um den neuen Kreativdirektor Pierre Costin sitzt sowieso in Berlin.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false