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Für 1,50 Euro sollen die "Straßenfeger"-Verkäufer die Zeitung verteilen.

© privat

Nach Aus für "Straßenfeger": Jugendliche schenken Verkäufern neue Obdachlosenzeitung

Jetzt kommt "Spar Dir Dein Mitleid": Die Zeitung ist ein Geschenk von ehemals obdachlosen oder wohnungslosen Jugendlichen an die "Straßenfeger"-Verkäufer.

Die Karuna Sozialgenossenschaft setzt ihr Hilfsangebot für die Obdachlosenzeitung "Straßenfeger" in die Tat um: "Donnerstag oder Freitag wollen wir eine von uns produzierte Zeitung an die Verkäufer ausgeben. So können sie sich ihren Lebensunterhalt wieder selbst verdienen", erklärte am Freitag Jörg Richert, Gründer und Geschäftsführer der Sozialgenossenschaft. Das Blatt soll 1,50 Euro kosten und die Einnahmen komplett bei den bedürftigen Verkäufern bleiben.

Nachdem bekannt wurde, dass der "Straßenfeger" wegen personeller und finanzieller Engpässe vorerst eingestellt werden soll, hatte die Karuna ihre Hilfe angeboten. Die Genossenschaft setzt sich unter anderem für Kinder und Heranwachsende in Not ein.

Die Zeitung mit dem Titel "Spar Dir Dein Mitleid" ist bereits geduckt und durch eine Stiftung finanziert. Normalerweise verschenke die Karuna die Zeitung an Gäste und zu besonderen Anlässen, sagt Richert. Rund 6000 Exemplare könne man sofort bereitstellen. Die Beiträge des im Zeitungsformat erschienenen Blatts sind in Zusammenarbeit mit Jugendlichen entstanden, die einmal selbst obdachlos oder wohnungslos waren.

Ein Aufkleber, der die Zeitung zieren soll, ist auch schon fertig. Darauf ist zu lesen: "Wir Jugendlichen der Karuna Sozialgenossenschaft schenken den Obdachlosen Berlins, die ihren ,Straßenfeger' verloren haben, unsere Zeitung. Viele von uns waren selbst einmal obdachlos, bis wir uns solidarisch verbündet haben."

Vertrieb ist noch nicht geregelt

Beim Verein strassenfeger/mob e.V., der die Obdachlosenzeitung zuletzt im dreiwöchigen Rhythmus herausgegeben hatte, wusste man von derart konkreten Plänen noch nichts. "Wir sind sehr gerührt und dankbar über den Zuspruch, den wir momentan erfahren. Es gibt viele Unterstützungsangebote und wir werden davon gerade überwältigt", schreibt der Vereinsvorstand in einer Erklärung.

Die Vorstandsvorsitzende Mara Fischer bittet um Verständnis, dass sie und ihre ehrenamtlichen Mitstreiter zeitlich noch nicht in der Lage waren, auf jeden einzelnen Vorschlag einzugehen. Für die Karuna Sozialgenossenschaft ist daher noch völlig unklar, wo und wie sie an die rund 300 "Straßenfeger"-Verkäufer herankommen soll. Denn auch die Vertriebswege der Zeitung existieren nicht mehr.

Die Abgabestelle des "Straßenfegers" am Ostbahnhof ist nicht mehr offen, das "Kaffee Bankrott", das zum Monatsende schließt, gibt noch die letzten Exemplare an die Verkäufer aus. Die Ausgabe aus einem Auto am Bahnhof Zoologischer Garten wurde vor einem halben Jahr eingestellt, weil das Fahrzeug keinen TÜV mehr erhalten hatte. Dass bis vor kurzem noch ein Spendenaufruf für den Verkaufswagen auf einer der Plattform betterplace.org zu finden war, sei dem Stress geschuldet, so Fischer. Inzwischen ist der Aufruf entfernt.

Gespräch mit Staatssekretär

"Da es sich bei den Verkäufern zum Großteil um obdachlose Menschen handelt, ist es schwer, alle von der neuen Verkaufsmöglichkeit zu unterrichten", erklärt Jörg Richert. Er überlegt, eventuell das von Karuna betriebene Café am Boxhagener Platz mit Zeitungen zu beliefern. Die "Straßenfeger"-Vorstandsvorsitzende Mara Fischer kann sich vorstellen, die Bahnhofsmission mit ins Boot zu holen, weil dort viele Verkäufer erreichbar sind.

In der kommenden Woche soll ein verbindliches Gespräch mit Alexander Fischer, dem Staatssekretär für Arbeit und Soziales, sowie Vertretern des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, der Karuna Sozialgenossenschaft und dem Vorstand des strassenfeger/mob e.V. stattfinden, um die Hilfsmöglichkeiten zu besprechen.

Fest steht für Fischer, dass sie sich mit strassenfeger/mob e.V. weiter um die stetig wachsende Zahl von Obdachlosen in der Stadt kümmern wird. Zunächst wird der Schwerpunkt auf der ganzjährigen Notübernachtung liegen, die sich insbesondere auch an Familien wendet. "Aber der 'Straßenfeger' ist ein Herzensprojekt", sagt sie.

Claudia Braun

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