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Flugverbot über Berlin: Experten: Sicherheitsgewinn ist gering

Für die Anbieter von Rundflügen könnte es das Aus bedeuten, für die Sicherheit ist es laut Fachleuten unbedeutend - das Flugverbot über der Berliner Innenstadt ist seit heute in Kraft und heftig umstritten.

Berlin (01.08.2005, 15:31 Uhr) - Nicht einmal der Hi-Flyer am Potsdamer Platz darf jetzt noch starten - obwohl er an einem Seil hängt und nicht höher als 150 Meter steigen kann. Trotzdem ist der Ballon von dem neuen Flugverbot über der Berliner Innenstadt betroffen - ebenso wie die Rundflüge des "Rosinenbombers" und des Treptower Wasserflugzeuges.

Das Verbot gilt seit heute. Die Bundesregierung hatte es am Freitag als Reaktion auf den Absturz eines Kleinflugzeuges vor dem Reichstag beschlossen. Innerhalb des S-Bahnrings sind jetzt nur noch Polizei-, Bundeswehr- und Rettungsflüge möglich. Einzige Ausnahme: Landeanflüge auf Tempelhof und Tegel sind weiterhin erlaubt. Das Flugverbot soll die Sicherheitsbehörden in die Lage versetzen, einen terroristischen Angriff auf gefährdete Objekte frühzeitig zu erkennen.

Doch ist der Sicherheitsgewinn nach Einschätzung von Experten gering. Vom Rand der Verbotszone erreiche «selbst die langsamste Propellermaschine das Regierungsviertel binnen vier Minuten», sagte Klaus Berchtold-Nicholls, Bundesvorsitzender des Verbands deutsche Flugleiter, am Montag der «Netzeitung». Angesichts der kurzen Reaktionszeit für Sicherheitskräfte könne die seit Montag gültige Restriktion eine Maschine «nicht wirklich hindern, das Zentrum zu erreichen».

Der Vorsitzende des Deutschen Ultraleicht-Verbandes, Jo Konrad, gab gegenüber dem Tagesspiegel zu bedenken, dass das, was der Todespilot vom Reichstag gemacht habe, schon damals verboten war. Denn Volker K., der am 22. Juli mit seinem Doppeldecker vorm Reichstag abstürzte, hatte sich nicht wie vorgeschrieben per Funk bei der Flugsicherung angemeldet und die Mindestflughöhe von 600 Metern nicht eingehalten. Selbst wenn sein Einflug ins Stadtgebiet bemerkt worden wäre, hätte K. nicht gestoppt werden können.

Aktionismus im Wahlkampf

Hanns-Peter Nerger, Geschäftsführer der Berlin Tourismus Marketing (BTM), hält das Verbot ebenfalls für überzogen. Es sei "eher Aktionismus im Wahlkampf als eine Sicherheit fördernde Maßnahme", sagte er gegenüber dem Tagesspiegel. «Wenn das so bleibt, wäre die Hauptstadt um ganz besondere Attraktionen ärmer», heißt es bei der BTM. «Würde am Verbot für touristische Flüge festgehalten, wäre das der Ruin für viele Anbieter von Rundflügen über der Hauptstadt.»

Nach Angaben des Anbieters «Air Service Berlin» haben sich bereits zahlreiche Touristen beschwert, dass Rundflüge und der Heißluftballon außer Betrieb sind. Auch im Forum von Tagesspiegel Online schlagen die Wogen hoch. Bernd Kramer, selbst Pilot, wendet sich dort mit einem Offenen Brief an Berlins Innensenator Erhart Körting. "Die nun zu etablierende 'Schutzzone'", schreibt er, "wird in keiner Weise einen Vorfall, wie den am 22.7., verhindern können, denn das UL (Ultraleichtflugzeug. Die Red.) flog illegal in den Luftraum [...] ein. Das wird der nächste Selbstmörder auch tun [...]"

Immerhin: Innensenator Körting hat angekündigt, dass er hält Ausnahmeregelungen für denkbar hält. Noch ist über diese laut Bundesverkehrsministerium aber noch nicht entschieden. (hx)

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