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Update

Berlin-Charlottenburg: Busfahrer machen Gullys zur Kloake

175.000 Reisebusse fahren pro Jahr zum Zentralen Omnibusbahnhof, es werden immer mehr – und die Probleme unappetitlicher: Einige Fahrer leeren Bordtoiletten einfach in Gullys aus. Denn eine Entsorgungsanlage fehlt.

In Berlin sind immer mehr Reisebusse unterwegs, die Branche boomt. Und mit den Fahrzeugen tauchen auch ganz spezielle Probleme auf. Weil es an „Entsorgungsanlagen“ für die Bordtoiletten mangelt, leeren Fahrer diese oft verbotenerweise einfach über Gullys in Straßen oder auf Parkplätzen. Oft geschieht dies auf dem Avus-Parkplatz, aber auch auf der Masurenallee am Messegelände. Und nicht nur das: Angeblich gefährden entsprechende Hinterlassenschaften sogar die Wasserqualität des Halensees.

Die Anlage an der Avus stank zu stark

Vor gar nicht so langer Zeit, im Oktober 2014 war’s, konnten die Busfahrer die Ladung noch entsorgen – an der landeseigenen WC-Entleerungsanlage auf dem Avus-Parkplatz. Doch die wurde geschlossen. Antje Irmler, Pächterin des Avus-Motels und der dortigen Tankstelle, hat sich häufig über den Gestank beschwert, was zur Stillegung führte. „Wir sind glücklich, dass es zu Ende ist“, sagt Irmler.

Neben der Tankstelle auf dem Avus-Parkplatz wurde eine Entsorgungsanlage geschlossen.

© Cay Dobberke

Früher habe sie Hotelmitarbeiter losgeschickt, um das Pflaster sauber zu spritzen, die Entsorgungsanlage sei nicht gut abgedichtet gewesen. Doch die Freude währte nur kurz. Den entsprechenden Schmutz sehen die Mitarbeiter nämlich an den Gullys. Mitarbeiter der Tankstelle sagen, sie seien von der Autobahnmeisterei und der Polizei gebeten worden, Vorfälle zu melden.

Am Dienstag fügte ein Fahnder der Verkehrspolizei hinzu, Fäkalien würden manchmal selbst außerhalb der Gullys mitten auf dem Parkplatz abgelassen. Noch habe man aber keinen Fahrer dabei erwischt, sondern nur eindeutige Reste gefunden.

Zwischenlösungen bis zum ZOB-Ausbau

Der Zentrale Omnibusbahnhof (ZOB) am Messegelände erlebte 2014 mit 175.000 An- und Abfahrten einen Rekord. Aber eine Vorrichtung zur WC-Entleerung soll es dort erst ab 2017 im Rahmen der Erweiterungspläne geben.

Größere Berliner Busunternehmen haben eigene Betriebshöfe, wo Fahrer sich des WC-Inhalts entledigen können. Bis zur ZOB-Modernisierung engagieren sich die Wasserbetriebe für eine „Zwischenlösung“. Laut Sprecher Stephan Natz erklärten sich das MAN-Zentrum und die Firma Haru-Reisen bereit, ihre Entsorgungsanlagen in Spandau auch anderen zur Verfügung zu stellen. Flyer im ZOB sollen darauf hinweisen.

Außerdem verhandelt Berlins Umwelt- und Verkehrsverwaltung mit der Betreiberfirma des Busbahnhofs, die zur BVG gehört, über die vorübergehende Installation einer mobilen Anlage.

In der Regel fließt alles ins Klärwerk

Natz hat „mit eigenen Augen gesehen“, wie ein Bus-Klo an der Masurenallee in Höhe des Hammarskjöldplatzes in einen Gully entleert wurde. Das sei mindestens „unästhetisch“, da meistens etwas liegen bleibe. Immerhin sei der WC-Inhalt über die „Mischwasserkanalisation“ ins Klärwerk Ruhleben gelangt. Diesen Weg nehme auch Abwasser vom Avus-Parkplatz.

Nimmt die Wassergüte im Halensee wieder ab? Das befürchtet der Grünen-Bezirkspolitiker Roland Prejawa anhand von Daten aus dem Regenwasserfilter der Wasserbetriebe.

© Cay Dobberke

Auffällige Messwerte am Halensee

Unklar ist, ob Bordtoiletten noch näher am Halensee entleert werden. Dort ging 2007 ein moderner Regenwasserfilter in Betrieb, mit dem einige Gullys verbunden sind. Im November maßen die Wasserbetriebe eine „Anomalie“, wie Vize-Sprecherin Astrid Hackenesch-Rump erläutert. Im zufließenden Wasser seien bestimmte Bakterien weniger stark vertreten als gewohnt. Das sei kein gutes Zeichen, sondern könne auf chemische Stoffe hindeuten, die Bakterien abtöten. Ob Chemietoiletten die Ursache sind, soll eine Laboranalyse zeigen.

Der Vorsitzende des Charlottenburg-WilmersdorferAusschusses für Wirtschaft, Ordnung und Verkehr, Roland Prejawa (Grüne), ist besorgt über mögliche Folgen für den Halensee. Als ehemaliger Busunternehmer kennt Prejawa viele Nöte der Branche – und will sich politisch für mehr WC-Entsorgungsanlagen einsetzen.

Manche Fahrer lassen das WC lieber zu

Stephan Natz von den Wasserbetrieben bleibt skeptisch: „Solange es den ruinösen Preiskampf in der Busbranche gibt, bleibt das Problem.“ Selbst eine geringe Entsorgungsgebühr um zehn Euro werde als Kostenfaktor betrachtet. Außerdem sei die Zeit der Fahrer oft knapp. Diese vermeiden Ärger um den WC-Inhalt nicht selten auf eigene Weise – indem sie ihre Gäste von der Toilette fernhalten. Auffällig oft ist diese angeblich kaputt, wie man von regelmäßigen Busreisenden hört.

Der Artikel erscheint auf dem Ku'damm-Blog, dem Online-Magazin für die westliche Innenstadt.

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