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Berlin: Betonklötze schützen Jüdisches Museum

Polizei reagiert auf Terrorwarnungen und erhöht die Sicherheitsvorkehrungen. Behörden geben keine Informationen über Verdächtige

Die Polizei nimmt die Hinweise auf mögliche Anschläge gegen jüdische Einrichtungen offenbar sehr ernst: Seit Dienstag wird nun das Jüdische Museum in Kreuzberg zusätzlich durch Betonklötze geschützt. Umringt von Kamerateams hievte die Feuerwehr gestern Nachmittag vor dem Museum in der Lindenstraße mit einem 30-Tonnen-Kran hüfthohe Betonklötze auf die Durchgänge zur Gegenspur. Vier Feuerwehrmänner dirigierten die drei Tonnen schwere Sperre auf den richtigen Platz. Schon am Vormittag hatte die Polizei mit ihren eigenen Baggern 14 kleinere Blöcke entlang des Museums angebracht. Die zusätzlichen Schutzvorkehrungen sind die ersten sichtbaren Reaktionen auf die jüngsten Terrorwarnungen für Deutschland.

Der Zentralrat der Juden hat die erhöhte Terrorgefahr für jüdische Einrichtungen bestätigt. Aufgrund von Hinweisen aus dem Libanon sei man am 11. Januar von den Sicherheitsbehörden über eine „erhöhte Gefahrensituation" informiert worden, sagte Generalsekretär Stephan Kramer. Die Polizei hatte, wie berichtet, vor wenigen Tagen vier Araber festgenommen, die mögliche Anschlagsobjekte ausgespäht haben sollen. Der Tatverdacht ließ sich jedoch nicht erhärten: Drei von ihnen wurden frei gelassen, der vierte Verdächtige kam wegen anderer krimineller Delikte in Haft. Details zu den Ermittlungen gegen die Verdächtigen waren von der Justiz gestern nicht zu erfahren. Inwieweit auch weitere jüdische Einrichtungen in Berlin mit zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen geschützt werden, kommentierte die Polizei nicht. „Zu Einzelheiten gibt die Polizei keine Auskunft“, hieß es. „Manche Sicherheitsvorkehrungen sieht man von außen, andere wiederum nicht“, ergänzte ein Ermittler.

Am Wochenende kursierten Gerüchte, dass auch die Neue Synagoge in der Oranienburger Straße in Mitte sowie das Jüdische Gemeindehaus in der Fasanenstraße in Charlottenburg zusätzlich durch Betonquader gesichert werden sollen. Doch dem ist nicht so, denn diese jüdischen Einrichtungen sind bereits durch Stahlpoller geschützt. Diese Poller sind aus einer Speziallegierung angefertigt und besonders tief im Boden verankert. Dadurch können sie auch mit Sprengstoff beladene Lastwagen aufhalten. Die Poller wurden im Jahr 2003 aufgestellt: Zuvor hatten ebenfalls graue Beton-Quader – wie sie nun vor dem jüdischen Museum stehen – das denkmalgeschützte Gotteshaus in der Oranienburger Straße gesichert. Doch über den brachialen Anblick der hässlichen Poller gab es so viele Beschwerden aus der Bevölkerung, dass die Stadtenwicklungsverwaltung sich mit den Sicherheitsbehörden einigte, die Beton-Quader nach nur fünf Monaten gegen die wohlgeformten Eisenpoller zu ersetzen. 100 000 Euro hatten die Betonquader damals gekostet.

Die Mitarbeiter des Jüdischen Museums hätten am Montag erfahren, dass künftig Beton-Klötze das Gebäude zusätzlich sichern werden, sagte die Sprecherin des Jüdischen Museums, Eva Söderman. Diese Sicherheitsvorkehrung habe sich aus der Gefährdungsanalyse des Landeskriminalamtes (LKA) ergeben. „Unsere eigenen Sicherheitsvorkehrungen haben wir nicht erhöht: Diese sind schon wegen der ständigen Gefahr sehr hoch“, sagte Söderman. So muss beispielsweise jeder Besucher eine Sicherheitsschleuse – ähnlich wie die an Flughäfen – passieren. Zudem hat das Museum eigene Sicherheitsleute sowie Objektschützer der Polizei, die das Gebäude sichern. Die Feuerwehr, die der Polizei gestern geholfen hat, die Betonsperren aufzustellen, habe erst am Dienstagmorgen von dem Auftrag erfahren, sagte ein Feuerwehrmann. „Das war ein Szenario des Landeskriminalamtes, dass hier jemand versucht, mit einem Fahrzeug durchzusemmeln", sagt er und deutet auf drei Betonklötze, die einen kleinen Fußweg absperren, der Richtung Museum führt.

Museumsbesucher David Mac Laughlin und seine Frau können die Sicherheitsvorkehrungen nicht beeindrucken. „Wir wohnen seit 30 Jahren in Belfast, da sind wir so was gewöhnt", sagt der gebürtige Ire. Er fände es aber erschreckend, dass so etwas auch schon in Berlin nötig sei. Der Kioskverkäufer direkt neben dem Museumseingang hat Verständnis für die zusätzlichen Sperren. „Ich finde es ganz schlimm, dass es schon soweit ist, dass hier diese Klötze aufgebaut werden müssen", sagt er. „Jetzt hat man die Bedrohung direkt vor der Haustür." Die meisten Museumsbesucher halten die Sicherheitsvorkehrungen für richtig. „Ich kann das eigentlich nur begrüßen", sagt eine Berlinerin, die gerade aus dem Museum kommt. Trotzdem hätte sie beim Anblick der grauen Betonsperren ein mulmiges Gefühl.

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