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Die 2019 in Eschwege in Hessen abgestürzte Wartungsgondel stand neben dem Sendeturm auf dem Hohen Meissner vor einem Tor.

© Uwe Zucchi/dpa

Monteure einer Berliner Firma starben: Chef und Wartungsunternehmen sehen keine Schuld für tödlichen Gondelabsturz

Beim Absturz einer Wartungsgondel starben 2019 drei Monteure. Nun stehen deren Chef und ein Elektriker einer Brandenburger Wartungsfirma vor Gericht.

Gut dreieinhalb Jahre nach dem Absturz einer Wartungsgondel in Nordhessen, bei dem drei Mitarbeiter einer Berliner Firma gestorben sind, müssen sich seit Dienstag deren Geschäftsführer sowie der Elektriker einer Brandenburger Wartungsfirma vor dem Amtsgericht Eschwege verantworten. Die beiden Männer sind wegen fahrlässiger Tötung in drei Fällen angeklagt. Zum Prozessauftakt drückten beide ihr Bedauern über das Unglück aus, wiesen die gegen sie erhobenen Vorwürfe jedoch zurück.

Die Gondel war im September 2019 bei Wartungsarbeiten an einem 220 Meter hohen Sendemast auf dem Berg Hoher Meißner im Werra-Meißner-Kreis abgestürzt. Die drei Insassen waren damals laut Staatsanwaltschaft etwa 80 Meter in die Tiefe gestürzt, als sie mit einem Transportkorb an einer Stahlwinde an dem Mast nach oben befördert werden sollten.

Dem Geschäftsführer der auf die Errichtung von Türmen und Masten spezialisierten Firma wirft die Anklage vor, für den Absturz mitverantwortlich zu sein. Die verwendete mobile Seilbahn soll demnach nicht den arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften entsprochen haben. Sie hätte laut Staatsanwaltschaft beim Transport von Personen in großer Höhe nicht verwendet werden dürfen, da sie über keine zusätzlichen Sicherungssysteme verfügt haben soll, die ein vollständiges Abstürzen der Gondel hätten verhindern können.

Es geht mir noch sehr nahe, dass das wertvollste Gut, das Leben, verloren gegangen ist.

Der Geschäftsführer der Firma vor Gericht

Das wies der Angeklagte zurück. „Für uns war das eine Winde, die dem damaligen Stand der Technik entsprochen hat“, sagte der 48-Jährige. Sie sei regelmäßig geprüft und gewartet worden. Ihm sei kein Grund bekannt gewesen, weshalb sie nicht hätte eingesetzt werden dürfen. Er drückte sein Bedauern über den „schrecklichen Unfall“ aus. „Es geht mir noch sehr nahe, dass das wertvollste Gut, das Leben, verloren gegangen ist.“ Es tue ihm unendlich leid, dass die Familien der drei Männer diesen Verlust hätten erleiden müssen.

Dem mitangeklagten Elektriker wirft die Staatsanwaltschaft vor, bei Wartungsarbeiten an der Seilwinde im Februar 2019 versehentlich eine Hülse nicht ordnungsgemäß eingesetzt zu haben. Das habe dazu beigetragen, dass das Stahlseil der Seilwinde in ungebremsten Freilauf geriet. Der 63-Jährige erklärte am Dienstag, er bedaure den Unfall und denke fast täglich über das Geschehene nach und frage sich nach dem Warum. „Ich komme zu keiner rechten Lösung.“ Die besagte Hülse habe er bei den von ihm durchgeführten Wartungsarbeiten nicht ausgetauscht. Die Ursache des Unfalls könne er sich nicht erklären.

Eingesetzte Winde laut Elektriker nicht für Personenbeförderung geeignet

Der Mann sagte zudem, die eingesetzte Winde sei seiner Meinung nach nicht für die Beförderung von Personen geeignet gewesen. „Personenwinden haben mehr Sicherheitseinrichtungen als Transportwinden.“ Dazu zähle etwa eine zweite Bremse, die beim Ausfall der ersten Bremse die Last noch halte. „Die hatte diese Winde nicht.“ Ihm sei zwar bekannt gewesen, dass die Berliner Firma Personenbeförderung mache, führte der 63-Jährige aus. Dass der Betrieb dabei diese Winde einsetze, habe sich seiner Kenntnis jedoch entzogen.

Der angeklagte Geschäftsführer entgegnete, das Verfahren sei damals so zulässig gewesen. Es habe keine Bedenken gegeben, die Winde als Personenwinde einzusetzen. „Das steht auf der Winde sogar drauf.“ Für ihn habe kein Anlass bestanden, das damalige Verfahren anzuzweifeln. Er erläuterte, dass erst infolge des Unfalls andere Systeme verwendet würden. Es sei ein entsprechendes Arbeitspapier entwickelt worden. Der Angeklagte betonte, es sei sein Ziel, die Sicherheit voranzutreiben, damit sich solch ein Unfall nicht wiederhole.

Ein Kollege der getöteten Männer, der als Monteur auf der Baustelle tätig war, schilderte, es seien in den Tagen vor dem Geschehen zwei Belastungsfahrten mit der Wartungsgondel ohne Probleme oder Auffälligkeiten durchgeführt worden. Auch am Unglückstag selbst habe sich der Vorfall nicht angekündigt, sondern sei plötzlich und in Sekundenschnelle passiert. Das Amtsgericht Eschwege hat zunächst drei weitere Verhandlungstage angesetzt.

Der Hohe Meißner ist ein Mittelgebirge, das gut 30 Kilometer südöstlich von Kassel liegt. Er gilt auch als beliebtes Ausflugsziel. Der „Sender Hoher Meißner“ ist ein wichtiger Sendestandort des Hessischen Rundfunks. (dpa)

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