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Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hält am 11.01.2016 in Berlin in der Nikolaikirche die Festansprache.

© dpa

Erstes Gesamtparlament: Berlin feiert 25 Jahre Abgeordnetenhaus

Vor 25 Jahren konstituierte sich das Gesamtberliner Abgeordnetenhaus. Beim Festakt sprach Bundestagspräsident Norbert Lammert.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Es war ein unbeschwertes Fest. Ganz anders vor genau 25 Jahren, als sich das erste Gesamtberliner Abgeordnetenhaus in der Nikolaikirche konstituierte. Am 11. Januar 1990 verbissen sich die Volksvertreter aus Ost und West noch in stundenlange Debatten über die parlamentarische Geschäftsordnung und eine Verfassungsreform. An diesem Montag wurde gesungen: „Ein Hoch auf uns, auf dieses Leben!“

Bevor am Montag um 11 Uhr das Glockenspiel der ältesten Berliner Kirche erklang, lagen sich manche politischen Gegner von einst, jetzt graue Eminenzen, fröhlich in den Armen. Schön, sich mal wiederzusehen. Das Kirchenschiff hallte wider vom munteren Geplauder der Gäste. Dann rezitierten Studierende der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ Gedichte von Sarah Kirsch und Peter Hacks, Volker Braun und Ursula Krechel. Wohlwollender Beifall auch für den Chor „Fabulous Fridays“ und den JazzPop-Chor der Universität der Künste.

Festansprache von Lammert

Er habe festgestellt, dass offizielle Feiern in Deutschland oft einen Mangel an Frohsinn aufweisen, begründete der Abgeordnetenhauspräsident Ralf Wieland den kunstfertig ausgeschmückten Rahmen des Festakts. Viele Volksvertreter aus jener denkwürdigen 12. Wahlperiode, die dem Mauerfall folgte, waren gekommen. Und einige Mitglieder der letzten Stadtverordnetenversammlung von Ost-Berlin, auch deren Präsidentin Christine Bergmann. Auch die Regierenden Bürgermeister Michael Müller, Klaus Wowereit, Eberhard Diepgen und Walter Momper waren dabei.

Aber es blieb eine Stunde des Parlaments. Wieland dankte „mit Anerkennung und Hochachtung“ jenen, die für das Zusammenwachsen Berlins viel geleistet hätten. Sein Appell an die heutigen Abgeordneten des Landes Berlin: „Die Zeit für Reformer und Pioniere ist wiedergekommen“. Da ging ein leises Raunen durch den schönen Kirchenraum. Mal sehen, ob der Appell fruchtet.

Die Festansprache hielt Bundestagspräsident Norbert Lammert. Der Christdemokrat würdigte Berlin, das sich in den letzten 25 Jahren von einem „Mahnmal der Teilung zu einem Monument der Einheit“ entwickelt habe –, und hielt ein flammendes Plädoyer für den deutschen Parlamentarismus. Im internationalen Vergleich, so Lammert, fielen ihm höchstens eine Handvoll Parlamente ein, die mehr Einfluss auf die Regierungen und die öffentliche Meinungsbildung hätten als die deutschen Volksvertretungen.

"Regierungen und Parteien müssen lernfähig sein"

Trotzdem seien die Parlamente, wie auch der deutsche Föderalismus, nicht sonderlich populär. Die Erwartungen der Bürger seien höher als der vorhandene politische Gestaltungsspielraum. „Und manches gelingt nicht immer so, auch nicht in Berlin.“ Da mussten die Zuhörer lachen. Lammert forderte: „Parlamente, aber auch Regierungen und Parteien müssen lernfähig sein, dürfen aber nicht wankelmütig werden“. Er schlug eine Bresche für den sachlichen Meinungsstreit. Es sei ein hartnäckiges Missverständnis, dass die Demokratie ein Verfahren zur Verhinderung von Konflikten sei.

Die Kolleginnen und Kollegen aus dem Berliner Abgeordnetenhaus waren dankbar für so viele schöne, treffende Worte. Am Ende seiner fast halbstündigen Rede erntete der Bundestagspräsident kräftigen Beifall. Zuvor erinnerte er noch daran, dass vor allem die junge Generation gegenüber Politik und Parteien sehr skeptisch sei. Dabei wäre es nötig, dass mehr junge Leute die öffentlichen Angelegenheiten zu ihrer Sache machten. „Politik kann immer nur so gut sein wie die, die sie vertreten“.

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