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"Kyrill": Bahn will Hauptbahnhof mit Blechplatten sichern

Überall in Deutschland sind die Auswirkungen von Orkan "Kyrill" noch zu spüren; in NRW geht bei der Bahn weiterhin gar nichts. In Berlin sollen künftig auf die Fassade montierte Blechplatten das Stahlgerüst sichern - damit der Glaspalast auch bei Windstärke 8 offen bleiben kann.

Berlin - Zwei Tage nach dem verheerenden Orkan "Kyrill" waren am Samstag vor allem bei der Bahn und in der Stromversorgung die Auswirkungen noch zu spüren. Viele Züge fuhren in Deutschland noch nicht wieder planmäßig, im Zentrum des Ruhrgebiets stand der Verkehr auf Schienen nach wie vor still. In Berlin will die Bahn nach den Orkanschäden am Hauptbahnhof die markante Fassade mit Blechplatten sichern. Tausende Haushalte in den neuen Bundesländern waren ohne Anschluss an das öffentliche Stromnetz. Die meisten von ihnen konnten jedoch im Laufe des Samstags über Notstromaggregate versorgt werden.

"Bis auf wenige Ausnahmen mit regionalen Störungen sind wir wieder sehr gut unterwegs", sagte ein Bahnsprecher. Dennoch gebe es in einigen Regionen weiterhin Probleme. Vor allem in Nordrhein-Westfalen waren der Fern- und der Regionalverkehr stark behindert. Im Zentrum des Ruhrgebiets fuhr am Samstag nach wie vor kein Zug. Insbesondere die Sperrung der Fernverkehrsstrecke Duisburg-Essen-Dortmund hatte weit reichende Folgen. Essen und Bochum waren abgehängt. In manchen Teilen des Landes sei erst Montagmittag wieder mit einer Normalisierung des Betriebs zu rechnen, sagte der Sprecher. "Es sind enorme Auswirkungen gewesen, die der Sturm hinterlassen hat." Grund für das Verkehrschaos waren weiter herabfallende Äste und umstürzende Bäume sowie Räumarbeiten.

Krisenmanagement der Bahn in der Kritik

Wie viele Reisende insgesamt von den Störungen betroffen waren, ist unklar. Im Fernverkehr gibt es nach Angaben der Bahn pro Tag durchschnittlich 300.000 Fahrgäste, im Regionalverkehr sind es mehrere Millionen.

Der Grünen-Verkehrsexperte Winfried Hermann und der Fahrgastverband "Pro Bahn" kritisierten das Krisenmanagement der Bahn in der Sturmnacht. "Der Stopp des Zugverkehrs wegen des Sturms war richtig, aber die Information der Kunden katastrophal und stümperhaft", sagte Hermann. Die Bahn wies die Kritik zurück: "Wenn man sich vor Augen hält, wie massiv die Auswirkungen des Sturms waren, dann haben wir insgesamt eine erfreuliche Entwicklung genommen", sagte der Sprecher.

Bahn will Berliner Hauptbahnhof mit Blechplatten sichern

Nach den Zugausfällen können sich Fahrgäste auch jetzt noch um Entschädigung bemühen. "Wer sich nicht sofort bei uns gemeldet hat, kann es nun noch tun", hieß es von der Bahn. "Wir werden uns jeden Einzelfall anschauen und prüfen."

Unterdessen will die Bahn nach den Orkanschäden am Berliner Hauptbahnhof die markante Fassade mit Blechplatten sichern. Die Arbeiten hätten bereits am Samstag begonnen, sagte ein Bahnsprecher. Die Bleche sollen auf das gesamte Stahlgerüst an der Außenseite des Bahnhofs geschweißt werden, um die mehr als 100 nicht befestigten Träger zu verdecken und vor Wind zu schützen. In der Nacht zum Freitag war durch den Orkan ein tonnenschwerer Stahlträger aus der Fassade 40 Meter in die Tiefe in den Eingangsbereich des Bahnhofs gestürzt. "Wir hoffen, dass wir den Bahnhof dann auch bei einer Windstärke 8 und mehr in Betrieb lassen können", sagte der Sprecher weiter. Die Arbeiten sollen in der kommenden Woche abgeschlossen werden. Das rund eine Milliarde Euro teure Vorzeigeobjekt der Bahn war erst vor rund acht Monaten eröffnet worden.

Tausende Haushalte noch immer ohne Strom

In den neuen Bundesländern waren am Samstag noch Tausende Haushalte ohne Strom. "Überwiegend kommen aber Notstromaggregate zum Einsatz, da die Leitungsschäden gerade in Südthüringen enorm sind und die Reparatur noch Tage dauern wird", sagte der Sprecher der E.ON Thüringer Energie AG, Olaf Werner. Die letzten Haushalte sollten am späten Abend wieder Elektrizität erhalten. "Dann wollen wir alle 60.000 vom Stromausfall vom Donnerstag betroffenen Kunden wieder bedienen." Der Orkan hatte zahlreiche Stromleitungen abgerissen.

In Deutschlands Wäldern hat "Kyrill" eine Schneise der Verwüstung geschlagen und einen Millionenschaden verursacht. Allein in Bayern ist nach ersten Schätzungen des Landwirtschaftsministeriums ein Schaden von rund vier Millionen Kubikmetern Holz verursacht worden. Die Folgen für den Wald seien aber nicht annähernd mit denen des Orkans "Lothar" vom Dezember 1999 vergleichbar, teilte die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW) mit.

Containerschiff im Ärmelkanal auf Grund gesetzt

Das Containerschiff "Napoli", das während des Orkans im Ärmelkanal in Seenot geraten war, ist vor der englischen Küste auf Grund gesetzt worden. Schleppboote sollten das havarierte Schiff in den Hafen von Portland in der Grafschaft Dorset ziehen. Da die "Napoli" jedoch auseinander zu brechen droht, sei sie gut anderthalb Kilometer vor der Küste in einer Bucht auf Grund gesetzt worden, berichtete die britische Nachrichtenagentur PA. Das Schiff war am vergangenen Donnerstag wegen eines Motorschadens manövrierunfähig geworden. Alle 26 Seeleute wurden in einer dramatischen Rettungsaktion mit Hubschraubern von Bord geholt. (tso/dpa)

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